Zinssenkung spaltet EZB-Rat

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Im 23-köpfigen EZB-Rat sollen sich sechs Mann, darunter Österreichs Notenbankchef Nowotny, gegen den Kurs von Mario Draghi gestellt haben.

Die jüngste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) um 25 Punkte auf historisch niedrige 0,25 Prozent hat nicht nur in Österreich und Deutschland für harsche Kritik gesorgt, sondern auch die Zentralbanker selbst tiefer gespalten - in Repräsentanten der nördlichen Eurozonen-Staaten und jene aus den kriselnden Südländern. Im Vorfeld der Zinssenkung am Montag hat es nach einem Bericht der "Financial Times" sogar eine Sechs-Mann-"Revolte" gegeben, der auch Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny angehört hat.

Angeführt sei die Truppe von zwei deutschen EZB-Ratsmitgliedern worden. Außerdem hätten auch der österreichische EZB-Rat Nowotny und der Niederländer Klaas Knot gegen die Zinssenkung gestimmt. Der EZB-Rat besteht aus 23 Personen, unter ihnen die 17 Präsidenten der Notenbanken der Eurostaaten.

Kritik an EZB-Kurs hält an

Zumindest ein Viertel des EZB-Rats soll nicht mit dem Kurs des Präsidenten Mario Draghi einverstanden sein. Vor allem die Anti-EZB-Stimmung im größten Euroland Deutschland könnte den Italiener Draghi in seinem Kampf gegen die Deflation bzw. im Hinblick auf andere anstehende heikle Entscheidungen hemmen, so ein Involvierter zur Zeitung. Bei der OeNB in Wien wollte man den Bericht nicht kommentieren: "Abstimmungsergebnisse werden nicht bekanntgegeben", sagte ein Sprecher Nowotnys zur APA.

Draghi hatte die Zinssenkung vergangene Woche mit der niedrigen Inflationserwartung und der zögerlichen Konjunkturerholung begründet. Von Bankern und auch Ökonomen aus den nördlichen Eurozonen-Staaten erntete er heftige Kritik. "Draghi missbraucht das Euro-System, indem er den Südländern Billigkredite gibt, die sie am Kapitalmarkt so nicht bekommen würden", deponierte etwa der Münchner ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Wochenende. In Österreich hatte Sparkassenverbandspräsident Michael Ikrath von einer "kalten Enteignung der Sparer" gesprochen.

>>> Artikel in "Financial Times"

(APA)

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