Fall Gurlitt: Jüdischer Weltkongress fordert Transparenz

Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle verlangt einen offeneren Umgang mit dem Kunstfund und warnt vor einem Schaden für Deutschlands Image.

Nach dem spektakulären Kunstfund in München - DiePresse.com berichtete - hat die Bundesregierung ihr Vorhaben bekräftigt, die Klärung der Besitzverhältnisse zu beschleunigen. "Wir wollen das vorantreiben, und wir werden noch in dieser Woche weitere Einzelheiten zum Prozedere bekannt geben können", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Eine Liste der Werke mit unklarer Erwerbsgeschichte solle umgehend veröffentlicht werden. Seibert schränkte allerdings ein, das Aufklärungsinteresse der Öffentlichkeit und die Interessen der Justiz müssten miteinander in Einklang gebracht werden. "Wir müssen ein rechtsstaatliches Verfahren finden."

Forderung: Bilder ins Internet stellen

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald S. Lauder, forderte die Regierung auf, "die Bilder sichtbar zu machen". In der "Welt" (Montagausgabe) verlangte Lauder, "die Polizei und die Politik müssen sofort eine Inventur machen und den gesamten Fundus ins Internet stellen. Jeder hat dann die Möglichkeit zu sehen, was vorhanden ist." Es sei wertvolle Zeit vergeudet worden, kritisierte Lauder. "Weder die möglichen Anspruchsberechtigten noch etwaige Zeugen im Rückgabeverfahren werden jünger", zitierte die Zeitung den WJC-Präsidenten.

Westerwelle: Offener Umgang mit Kunstfund

Auch der amtierende Außenminister Guido Westerwelle forderte einen offeneren Umgang mit dem Fund und warnt vor einem Schaden für Deutschlands Ansehen: "Wir sollten die Sensibilität des Themas in der Welt nicht unterschätzen", sagte Westerwelle am Rande eines Indien-Besuchs in Neu Delhi. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Vertrauen verspielen, das in langen Jahrzehnten aufgebaut wurde. Das Gebot der Stunde ist jetzt Transparenz", hieß es weiters.

In der Wohnung des Kunsthändler-Sohns Cornelius Gurlitt waren Anfang November 315 Kunstwerke beschlagnahmt worden. Nach Bekanntwerden der Entdeckung gab es Kritik an den deutschen Ermittlungsbehörden. Medienberichten zufolge geht der deutsche Zoll mittlerweile davon aus, dass Gurlitt ein Großteil der rund 1400 bei ihm gefundenen Werke rechtmäßig gehört. Die 315 als "entartet" beschlagnahmten Kunstwerke würden nämlich "ausschließlich aus staatlichen und städtischen Museen bzw. Landesmuseen" stammen, zitierten "Focus" und "Bild am Sonntag" aus einem Bericht des Zollkriminalamts.

(APA/dpa)

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