Energie ist Achillesferse der EU

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Hohe Energiepreise werden den globalen Marktanteil Europas bei energieintensiven Produkten bis 2035 um rund ein Drittel senken.

Wien. Was Arbeitskosten in den vergangenen 20 Jahren waren, könnten Energiekosten in den kommenden 20 Jahren werden: ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder einer Region. Diese – nicht ganz neue – Theorie findet auch im diesjährigen „World Energy Outlook“ der Internationalen Energieagentur, der am Dienstag vorgestellt wurde, Widerhall. Und sie bringt für Europa einige nicht gerade erbauliche Prognosen: So würden die Energiepreise in der EU bis 2035 zwar relativ zu jenen der USA sinken. Schlussendlich würden die Kosten aber auch in 22 Jahren noch immer doppelt so hoch ausfallen wie in den Staaten.

Vor allem für die energieintensive Industrie (also etwa die Produktion von Aluminium oder Zement) würde dies einen gravierenden Nachteil auf dem Weltmarkt bedeuten. Der Exportanteil Europas am globalem Markt würde um rund ein Drittel zurückgehen, schreibt die IEA. Und dies in keinem unwichtigen Sektor von Europas Industrie. So ist rund ein Viertel aller Industriearbeiter in einem der betroffenen Bereiche beschäftigt.

Eine ähnliche Entwicklung prognostiziert die IEA für Japan. Die USA würden hingegen die zur Zeit viel beschworene Reindustrialisierung zumindest teilweise schaffen: Ihr Anteil am globalen Markt soll laut den Prognosen zumindest leicht steigen. Schlüssel für diese Entwicklung ist die forcierte Förderung von sogenannten unkonventionellen fossilen Energieträgern – etwa Schiefergas. Dies würde es den USA sogar ermöglichen, in etwa 20 Jahren ihren Energiebedarf vollständig selbst zu decken.

Brasilien wird Öl-Großmacht

Andere Länder könnten dem Beispiel der USA jedoch nur zum Teil folgen, da die natürlichen oder die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür fehlen. Die meisten Länder würden daher weiterhin stark von Energieimporten abhängen. Und da der globale Energiebedarf – vor allem dank der Nachfrage in Asien – stark steige, müssten auch zusätzliche Quellen erschlossen werden. Die größten Zuwächse werden dabei Brasilien vorhergesagt, das dank Tiefseebohrungen vor der Küste die jährliche Ölproduktion von derzeit zwei auf sechs Milliarden Fass Öl pro Tag verdreifachen wird. Das südamerikanische Land wird somit zum sechstgrößten Ölproduzenten der Welt.

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Energie sei es wichtig, nicht auf CO2-Reduktionsmaßnahmen zu vergessen, warnt die IEA – etwa über mehr Effizienz. Um Verschwendung zu reduzieren, sollten daher die Subventionen für fossile Energieträger von derzeit 544 Mrd. Dollar weltweit reduziert werden. Zum Vergleich: Erneuerbare wurden 2012 mit 100 Mrd. Dollar gefördert. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2013)

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