Spar: Recht auf Preisverhandlungen gefährdet

Preisabsprachen, Spar, Bundeswettbewerbsbehörde
Preisabsprachen, Spar, Bundeswettbewerbsbehörde(c) APA (HEINZ PETER ZIEGLER)
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Die Handelskette Spar will mit ihren Lieferanten weiterhin über Preise reden dürfen. Das sei völlig legal. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) spreche dem Handel dieses Recht ab, kritisiert Spar-Chef Drexel.

Wien. „Es geht die Angst um in unserer Branche.“ Um große Worte ist Spar-Vorstand Gerhard Drexel nicht verlegen. Schuld am Zittern und Bangen der Lebensmittelhändler sei die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die Spar dazu veranlasse, „hinter jeden Einkäufer einen Rechtsanwalt zu stellen“. Ein Ding der Unmöglichkeit, sagt Drexel.

Die Auseinandersetzung zwischen Spar und der BWB ist mittlerweile in einen veritablen Rechtsstreit ausgeartet. Spar sieht wegen der Hausdurchsuchungen der BWB das Recht auf Datenschutz und das Amtsgeheimnis verletzt und hat entsprechende Beschwerden beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) und der Datenschutzkommission eingebracht. Die BWB hingegen hat ein Ermittlungsverfahren gegen Spar-Chef Drexel wegen übler Nachrede angestrengt.

Abseits von Vorwürfen über Spionage-Software und CIA-Methoden geht es hier um ein Thema, das die Konsumenten ganz unmittelbar betrifft: Preisabsprachen. Diese sind illegal, und zwar sowohl zwischen Händlern untereinander (horizontale Absprache) als auch zwischen Händlern und Lieferanten (vertikale Absprache). Wegen Verdachts auf Preisabsprachen hat es seit Jänner dieses Jahres bei Spar drei Hausdurchsuchungen gegeben. Spar hat beschlossen, die Sache vor dem Kartellgericht bis zum Ende auszufechten. Konkurrent Rewe einigte sich hingegen mit der BWB auf ein Settlement und eine Bußgeldzahlung.

Spar fühlt sich zu Unrecht drangsaliert: „Für die BWB besteht ein Kartellverdacht bereits, wenn über Verkaufspreise auch nur gesprochen wird“, sagt Drexel. Völlig zu Unrecht habe die BWB deshalb bei Spar „Tonnen von Unterlagen“ beschlagnahmt, die aber alle völlig unverdächtig seien. Die BWB unterliege einem „Grundlagenirrtum“: Es sei etwa durchaus erlaubt, bei gestiegenen oder gesunkenen Herstellerkosten die von den Lieferanten festgesetzten unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) neu zu verhandeln. Ebenso sei es erlaubt, Aktionspreise und -zeiträume zu besprechen. Schon aus produktionstechnischen und logistischen Gründen sei eine Abstimmung absolut notwendig, da man ja bei Aktionen viel mehr absetze, also ganz andere Mengen einplanen müsse als beim regulären Verkauf.

Die BWB wolle all dies verbieten, gefährde damit den Wirtschaftsstandort und schaden den Konsumenten, meint der Spar-Chef.

Gesetzeslage nicht ganz eindeutig

Ein „Sturm im Wasserglas, was Spar veranstaltet“, heißt es bei der BWB. Man habe dem Handelsunternehmen keineswegs das Recht abgesprochen, über Preise zu reden. Nur: „Der Händler darf mit dem Hersteller nicht ausmachen, zu welchem konkreten Preis er das Produkt im Supermarkt verkauft“, sagt BWB-Sprecher Stefan Keznickl. Kommunikation sei erlaubt, unverbindliche Preisempfehlungen ebenfalls, Preisbindung sei aber strengstens verboten. „Da ist die Gesetzeslage völlig eindeutig.“ Nicht ganz, sagt Kartellrechtsexpertin Astrid Ablasser-Neuhuber auf Anfrage der „Presse“ und nennt ein Beispiel: „Gemäß den Leitlinien der Europäischen Kommission sind vertikale Preisbindungen bei zeitlich begrenzten Aktionen unter bestimmten Bedingungen erlaubt.“

Es geht also durchaus um Spitzfindigkeiten. Deshalb erweist sich das Vorhaben der BWB auch als schwierig, einen Leitfaden für Preisgespräche zwischen Händlern und Produzenten zu definieren. „In Deutschland hat sich dieselbe Entwicklung vor zwei bis drei Jahren abgespielt. Bis heute hat man sich auf keinen Verhaltenskodex einigen können“, sagt WU-Handelsexperte Peter Schnedlitz, der sich in der Diskussion auf die Seite von Spar schlägt. Er sieht das „Instrument Preis von den Wettbewerbshütern angepatzt“.

Spar fordert, dass nicht von der BWB, sondern von den Sozialpartnern ein entsprechender Leitfaden ausgearbeitet wird. Die BWB hat bereits vor Monaten den Entwurf eines Leitfadens präsentiert, an diesem werde aber „noch gearbeitet“, auch in Abstimmung mit den Sozialpartnern und mit Händlern. Spar habe sich „als einziges Handelsunternehmen der Diskussion völlig verweigert“, sagt der BWB-Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2013)

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