Gurlitt will nichts zurückgeben

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Cornelius Gurlitt redet mit dem "Spiegel": Alles werde "falsch dargestellt".

„Freiwillig gebe ich nichts zurück“, sagt Cornelius Gurlitt in einem Interview in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“. Denn die gut 1400 Kunstwerke, die in der Münchner Wohnung des 80-jährigen Erben sichergestellt wurden, habe sein Vater rechtmäßig erworben: Die Justiz und Öffentlichkeit „stellen alles falsch dar“, wehrte sich der Sohn des deutschen Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt gegen die Verdächtigungen, dass es sich bei einem Gutteil des von ihm seit Dekaden gehorteten Kunstschatzes um NS-Raubkunst handelt. (Die 590 Werke, „bei denen ein möglicher NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen ist“, sollen diese Woche im Internet bei www.lostart.de veröffentlicht werden.)

„Was ist das für ein Staat, der mein Privateigentum zeigt?“, klagte indes im „Spiegel“ Cornelius Gurlitt, gegen den die Justiz wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung ermittelt. Gespräche mit den deutschen Behörden lehne er aber nicht ab, schockiert zeigte sich Gurlitt vielmehr von der öffentlichen Debatte und der medialen Aufregung: „Ich bin doch nicht Boris Becker, was wollen diese Menschen nur von mir?“ Vor zwei Wochen wurde im „Focus“ die (bereits im Frühjahr 2012 erfolgte) Beschlagnahmung der Kunstwerke enthüllt, seither ist es mit dem zurückgezogenen Dasein von Cornelius Gurlitt vorbei: „Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen“, sagt er nun dem „Spiegel“: „Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin.“

Schwierige Ermittlungen

Zuletzt hatte es geheißen, die bayerische Justiz wolle Gurlitt dazu bewegen, die Bilder freiwillig dem Staat zu überlassen, im Gegenzug könne das Ermittlungsverfahren eingestellt werden: Eine Vertrauensperson solle dafür an Gurlitt herantreten. Dieser kritisierte aber nun im „Spiegel“ den ermittelnden Staatsanwalt in Augsburg: „Ich verstehe nicht, warum der sich noch nicht bei mir gemeldet hat.“ Allerdings gestalten sich die Steuerermittlungen noch schwieriger, seit soeben offenbar wurde, dass Gurlitt seine Steuern in Österreich (für „bescheidene Einkünfte“) entrichtete, wo er mit Hauptwohnsitz Salzburg gemeldet ist. Die Augsburger Staatsanwaltschaft pocht aber weiter auf ihre Zuständigkeit: Steuerlich relevant sei der Lebensmittelpunkt, bei Gurlitt also München.

Seine dortige Wohnung hat der kranke Gurlitt laut „Spiegel“-Bericht tatsächlich nur selten verlassen und sich täglich an den Kunstwerken geweidet: „Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt.“ Nun versteht er die Welt nicht mehr: Er habe nie eine Straftat begangen „und selbst wenn, wäre das verjährt“. Jetzt will Gurlitt nur mehr „Stille“ – und seine Bilder: „Die müssen zu mir zurück.“ (hub)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2013)

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