Nachbaur: Ministergage nur bei Nulldefizit

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Team-Stronach-Klubobfrau Nachbaur gesteht Schwächen im Wahlkampf ein. Die Regierung fordert sie zur Wette heraus: Ein Nulldefizit 2017 gehe sich nicht aus.

Die Presse: Frank Stronach hat bereits seinen Rückzug angekündigt. Wie lange wird es das Team Stronach noch geben?

Kathrin Nachbaur: Noch für viele Jahrzehnte. Wir wollen auf Basis von Hausverstand, Herzensbildung und Wirtschaftskompetenz etwas bewegen. Ich sehe uns als eine Partei der Freiheit mit großem sozialen Gewissen. Das hat Potenzial.

In Kärnten haben die Ex-Parteichefs Gerhard Köfer und Siegfried Schalli ihren Privatstreit öffentlich ausgetragen. Wo bleibt da der Hausverstand?

Das ist mir sehr unangenehm. Ich habe sie gebeten, das zu unterlassen. Das hat sich emotional hochgeschaukelt, da konnte keiner zurück. Ich hoffe, das war ein Einzelfall.

Sie haben einmal gesagt: „Wir wollen vorleben, wie gesunde Politik funktioniert.“ Finden Sie, dass das bisher der Fall war?

Ich kann nicht für andere sprechen. Sicherlich haben wir Schwächen gezeigt, aber auch Stärken. Nun geht es um Sachpolitik.

Der Abgeordnete Marcus Franz hat in einem Interview Homosexualität als amoralisch bezeichnet.

Lesen Sie das Interview noch einmal genau durch. Er hat sich nicht negativ darüber geäußert, sondern festgestellt, dass das in einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht Standard ist. Er hat das sehr wissenschaftlich formuliert. Das kam alles unglücklich rüber. Ich bin über die Aussage und die verkürzte Wiedergabe nicht glücklich gewesen.

Aber noch einmal: Laut ihm ist Homosexualität eine Anomalie.

Das ist ein wissenschaftlicher Begriff, der zu vielen Missverständnissen führt.

Teilen Sie etwa seine Meinung?

Ich bin ein liberaler Mensch. In meiner Weltanschauung soll jeder seinen Weg finden.

Sie haben dazu keine Parteilinie. Wie stehen Sie zur Ehe zwischen Homosexuellen?

Wir möchten in Gewissensfragen keine Linie vorgeben. Ich bin sehr offen, was die Gleichbehandlung angeht. Vom Adoptionsrecht bin ich aber noch nicht ganz überzeugt.

Aber eine gleichgestellte Ehe wäre für Sie denkbar?

In rechtlicher Hinsicht schon. Ich würde sie aber nicht Ehe nennen.


Na ja, das wäre dann aber eher eine Eingetragene Partnerschaft, so wie sie jetzt ist.

Ja, ich glaube, das ist eine gute Lösung.

Franz hat auch gemeint, dass freiwillige Kinderlosigkeit amoralisch sei.

Gemeint war, dass unsere Gesellschaft auf einem Generationenvertrag basiert. Das kann nur funktionieren, wenn die Bevölkerung wächst. Die Familie muss eine höhere Wertigkeit genießen und unterstützt werden.

Zwischen der Forderung, Familien zu entlasten, und der Aussage, Kinderlosigkeit sei amoralisch, besteht aber ein Unterschied.

Da haben Sie recht. Ich hätte es nicht so ausgedrückt. Er hat das sicher so gemeint, dass der Gesellschaftsvertrag so aufgebaut ist, dass es Nachwuchs braucht. Sonst sterben wir irgendwann aus.

Glauben Sie wirklich, er meinte das so?

Ja.

Anderes Thema: Sie sind Klubobfrau, Waltraud Dietrich ist geschäftsführende Klubobfrau. Wie teilen Sie sich die Arbeit?

Ich bin nicht dafür, dass aus der One-Man-Show, die es im Wahlkampf gegeben hat, eine One-Woman-Show wird. Ich kümmere mich um das Budget. Sie setzt sich eher für die Stärkung der Familien und der ländlichen Infrastruktur ein.

Dietrich bekommt das Klubobfraugehalt und hat auch Berufsverbot. Sind Sie noch in der Stronach-Group tätig?

Ja, ich werde mir anschauen, wie sich das in Zukunft vereinbaren lässt.

Im Sinne der Transparenz: Darf man Sie fragen, wie viel Sie dort verdienen?

Ich würde mir wünschen, dass wir in Österreich eine neidfreie Debatte hätten. Leider ist das nicht so. Wenn wir einen Kulturwandel haben, könnten wir darüber im Detail reden.

Sie wollen es also nicht verraten?

Als Abgeordneter muss man eine Gehaltskategorie abgeben, das werde ich machen.

Das ist ja auch Gesetz. Aber apropos Finanzen: Nach Bekanntwerden des Budgetlochs haben Sie eine Wahlannullierung gefordert. Würde es Ihre Partei jetzt noch einmal ins Parlament schaffen?

Ja selbstverständlich. Das Budgetloch hat den Menschen gezeigt, dass die Berufspolitiker unehrlich sind. In naher Zukunft ist es nicht absehbar, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben. Jeden Regierungspolitiker, der sagt, dass wir 2017 ein Nulldefizit haben, fordere ich zu einer Wette heraus. Wenn er das einhält, soll er seine Gage bekommen. Sonst soll er das kriegen, was ein Abgeordneter verdient.

Wenn es also 2017 kein Nulldefizit gibt, soll es keine Ministergage geben?

Genau. Sie sollen ehrlich sein. Beim strukturellen Defizit, da kennt sich doch kein normaler Bürger aus. Bisher haben wir immer nach Maastricht budgetiert. Jetzt halb nach einem strukturellen Defizit. Das ist unseriös.

Welche zentrale Forderung wollen Sie in den nächsten fünf Jahren umsetzen?

Ich finde es besorgniserregend, dass das Vermögen weginflationiert wird. Und obendrauf gibt es noch eine Steuer. Ich möchte mich für die österreichischen Sparer einsetzen.

Wie soll das konkret funktionieren?

Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es eine Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken gibt. Allgemein soll keine Bank so groß sein, dass sie dadurch den Staat erpressen kann.

ZUR PERSON

Kathrin Nachbaur (34) ist Klubobfrau des Teams Stronach sowie Budgetsprecherin der Partei. Nachbaur gilt auch als engste Vertraute von Parteigründer Frank Stronach, sie war seine persönliche Assistentin. Die gebürtige Grazerin studierte Englisch, Französisch sowie Rechtswissenschaften, später absolvierte sie ein Trainee-Programm bei Magna International in Kanada. [ Mirjam Reither ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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