Trend: Weniger Pleiten, mehr Schulden

Pro Arbeitswoche müssen 107 Firmen den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Handel und Bau sind am meisten betroffen.

Wien. Das laufende Jahr hat es in sich: Zwar ist in den ersten drei Quartalen die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 10,35 Prozent auf 4158 Fälle gesunken. Das heißt allerdings immer noch, dass österreichweit pro Arbeitswoche 107 Firmen vor dem Konkursrichter landen. Aber die Höhe der Passiva sprengt ebenso wie die der betroffenen Arbeitgeber alle Dimensionen. Die Passiva sind im Jahresvergleich von 2,6 auf 6,6 Mrd. Euro gestiegen. Und die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze hat sich von 15.000 auf 23.000 erhöht.

Schuld daran ist eine einzige Insolvenz – der Zusammenbruch des Baukonzerns Alpine. Allein bei der Alpine Bau GmbH liegen die Forderungen bei 4,1 Mrd. Euro, geht aus einer Übersicht des Alpenländischen Kreditorenverbands (AKV) hervor. Dazu kommt die Dachgesellschaft Alpine Holding GmbH mit ca. 290 Mio. Euro und die polnische Alpine Bau GmbH A-1 spólka jawna mit 159 Mio. Euro (sie wird auch in Österreich abgewickelt). Der volkswirtschaftlich eingetretene Schaden dieser drei Insolvenzen allein beträgt daher mehr als 4,5 Mrd. Euro.

Die Alpine Bau GmbH mit 4883 Beschäftigten nimmt auch bei den nach Dienstnehmern gereihten Insolvenzen den ersten Platz ein, gefolgt von der Drogeriekette Dayli mit 3468 Dienstnehmern, dem steirischen Personalleasingunternehmen MPS Personal Service GmbH (796) und der Fotokette Niedermeyer mit 787 Beschäftigten. Aber nur bei der MPS konnte nach einen radikalen Personalabbau ein Sanierungsplan abgeschlossen werden. Die anderen drei Unternehmen mussten trotz der sanierungsfreundlichen Regelungen der österreichischen Insolvenzordnung mangels positiver Fortführungsprognose geschlossen werden, heißt es im AKV-Bericht.

Nicht alle Arbeitsplätze gingen jedoch verloren: Bei der Alpine fanden nahe alle Beschäftigten in anderen Unternehmen bzw. in Auffanglösungen einen neuen Job.

Gerade bei den Großinsolvenzen zeige sich, dass die Strafbehörden vermehrt involviert sind. Das erachten die Gläubigerschützer generell für gut, denn es gehe auch darum, aus präventiven Gründen strafrechtlich relevante Sachverhalte zu verfolgen und aufzuklären.

Bei der Alpine ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts des Betrugs, der Untreue, der betrügerischen Krida und der Bilanzfälschung. Dazu haben sie auch schon umfangreiche Berichte der Masseverwalter erhalten. Ermittelt wird gegen fünf Personen, die Organfunktionen in drei Gesellschaften des Baukonzerns bekleideten. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2013)

Mehr erfahren

New Articles

Intern: Ein Preis ganz ohne Rechthaberei

Der Advocatus'13 wurde als Clients' Award ausgetragen. Wir haben uns auf die Expertise der Unternehmer verlassen, ausnahmsweise nicht auf unsere Rechthaberei.
New Articles

Der Advocatus'13 – ein Clients' Award

Dieses Jahr kürten die Klienten der Wirtschaftskanzleien die Advocatus'13-Sieger. Sie konnten in insgesamt acht Kategorien für ihre Favoriten ihre Stimme abgeben.
New Articles

Die Sieger des Advocatus'13 Clients' Award im Überblick

Auszeichnungen gab es in insgesamt zehn Kategorien.
New Articles

Öffentliches Wirtschaftsrecht: Zu lange Verfahren in der "Königsdisziplin"

Das Umweltrecht, und hierbei vor allem die Umweltverträglichkeitsprüfungen, ist einer der Hauptpfeiler in diesem Rechtsbereich. Die damit beschäftigten Anwälte müssen meist mehr sein als bloß Anwälte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.