Der Angriff der Haushaltsgeräte

Bügeleisen
BügeleisenClemens Fabry
  • Drucken

TV-Geräte überwachen ihre Besitzer, Bügeleisen hacken WLANs. Österreichs Antwort lautet Panik oder „wurscht“.

Neuigkeiten aus der Paranoia-Abteilung: „Intelligente“ TV-Geräte vom südkoreanischen Hersteller LG Electronics überwachen angeblich ihre Besitzer. Peinlich genau zeichne das Gerät deren Sehgewohnheiten auf, berichtet ein Blogger. Die Daten versuche es an die Zentrale in Asien zu senden, wohl damit diese an die Werbeindustrie verkauft würden. Zwar ist mittlerweile bekannt, dass die meisten LG-Fernseher in Europa kein so ausgeprägtes Interesse an den Daten ihrer Nutzer haben, die Tendenz ist dennoch eindeutig: Nicht nur im Internet sind unsere Daten bedroht. Auch daheim haben es die Haushaltsgeräte offenbar langsam auf uns abgesehen.

Dazu passt folgende Meldung: Der russische Zoll hat eben eine Lkw-Ladung Bügeleisen aus China untersucht und in ihnen ominöse Funkchips gefunden. Unter Strom hacken sich die Bügeleisen in ungesicherte Drahtlosnetzwerke und verbreiten Viren. Auf der anderen Seite der Weltkugel ist es nicht besser: Die USA liefern Wanzen hübsch verpackt in der Software von Google, Microsoft, Cisco und Co. US-Programme haben ein Hintertürchen für die NSA eingebaut, sagt der Whistleblower Edward Snowden. Alle Angesprochenen dementieren heftig.

Nachrichten wie diese lösen hierzulande verlässlich zwei Reaktionen aus: Gleichgültigkeit. Oder Panik und Empörung. Über Konzerne, die Daten stehlen, um Geld zu verdienen. Und über Geheimdienste, die das tun, weil es eben Teil ihrer Job Description ist. Eine Lösung ist beides nicht. Und weil Abwechslung guttut, folgt ein leises Plädoyer für den entspannteren Zugang: Panik ist sinnlos. Für die meisten Bedrohungen gibt es Lösungen: Linux statt Windows, Surfen mit „Tor“, einer Art Tarnkappe für das Netz. Wer sich bedroht fühlt, sollte sie nutzen. Aber nicht jedes Mail muss verschlüsselt werden. Für die meisten Menschen ist es schon gut, sich zu überlegen, welche Daten sie schützen wollen, welche sie bisher vielleicht freiwillig zu unbedacht aus der Hand gegeben haben. Und dann zu entscheiden, ob und wie sie sich schützen wollen. Paranoia ist da sicher ein schlechter Ratgeber. Wenn wir anfangen, unsere Haushaltsgeräte zu fürchten, ist der Kampf um ein lebenswertes Dasein schon verloren.

matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.