Ganze Welten entwerfen

So sieht das Siegerprojekt „Phaseout“ der Computergrafik-Übungen 2013 an der TU Wien aus.
So sieht das Siegerprojekt „Phaseout“ der Computergrafik-Übungen 2013 an der TU Wien aus.TU Wien/Hiroyuki Sakai, Gerald Wodni
  • Drucken

Serie Traumberufe: So mancher Gamer würde gern die Seiten wechseln und selbst Videospiele entwickeln. Auch wenn Österreich hier nur Randschauplatz ist, gibt es hierzulande mehr Möglichkeiten, als man denkt.

Die Gamerwelt ist wieder in Bewegung. Dieser Tage werfen die beiden Konkurrenten Sony und Microsoft ihre neuen Konsolen auf den Markt, und in den nächsten Jahren sind Heerscharen von Entwicklern damit beschäftigt, die Fähigkeiten der neuen Hardware auszureizen. Zudem erfreuen sich „Casual Games“ wie „Ski Challenge“ im Browser oder Smartphone-Apps a la „Angry Birds“ wachsender Beliebtheit. Die Großen der Branche, die mehr umsetzt als die Filmindustrie, sitzen in Übersee. In Österreich sind laut aktueller Studie der IG Computergrafik 500 bis 800 Unternehmen mit durchschnittlich drei Mitarbeitern in diesem Bereich tätig.

„Die Branche in Österreich ist größer, als man auf den ersten Blick annehmen könnte“, berichtet auch Michael Wimmer vom Institut für Computergrafik und Algorithmen der TU Wien. An einschlägigen Lehrgängen werden an der TU Wien das Bachelorstudium Medieninformatik und Visual Computing sowie im Masterstudium die beiden Zweige Visual Computing und Medieninformatik angeboten.

Programmieren ist Hauptsache

Zwar zielen die TU-Studien nicht direkt auf Computerspiele ab, die dort erworbenen Kenntnisse über Grafikprogrammierung sind aber für die Entwicklung eines Videospiels unerlässlich. Umgekehrt sind die Anforderungen im Game-Development ein ideales Trainingsfeld. „Ein aufwendiges Computerspiel zu programmieren gehört bereits im Bachelorstudium zum Lehrplan, das macht Spaß und motiviert die Studenten“, so Wimmer. Im Studienzweig Visual Computing wird das Thema von den Grundlagen her behandelt, neben profunden Programmierkenntnissen wird auch Mathematik gelehrt, die wiederum zum Verständnis der zugrunde liegenden Physik, von Optimierungsaufgaben und künstlicher Intelligenz unentbehrlich ist. Etwa ein Drittel bis die Hälfte der jährlich rund 30 Masterstudenten in Visual Computing strebt eine Karriere als Spieleentwickler an, schätzt Wimmer. Durch die Breite der Ausbildung, die nahe an der Forschung ist, stünden den Absolventen aber auch Möglichkeiten abseits der Game-Industrie offen. „Nicht jeder kommt im Spielebereich unter“, so der Experte. Die Ausbildung an der Uni sei breiter als etwa an einer FH, zudem fördert der Uni-Betrieb laut Wimmer Selbstständigkeit, die in der Spielebranche gefragt ist.

Stärker auf Spieleentwicklung fokussiert ist das Masterstudium Game Engineering und Simulation an der FH Technikum Wien. Auch dieser Studiengang ist eher informationstechnisch ausgerichtet, „allerdings mit einem gewissen kreativen Anspruch“, so Studiengangsleiter Alexander Hoffmann. Neben einem umfassenden Know-how über Programmierung, Simulation und Visualisierung inklusive der Entwicklung eines eigenen Spieles stehen unter anderem Recht und Qualität auf dem Stundenplan. Damit eröffnet sich neben den Berufsfeldern Game-Programmer und Game-Designer auch das des Game-Producers, erklärt Hoffmann. „Da die Absolventen mehrere Programmiersprachen beherrschen, sind sie aber auch in der Lage, in jeder anderen Branche zu arbeiten.“ Voraussetzung für das Masterstudium ist ein technischer Studienabschluss.

Aufgaben werden geteilt

Neben den technisch orientierten Spieleentwicklern und den Game-Designern, die die Inhalte kreieren, braucht es noch Grafikdesigner. Zwar werden auch in den Studien für Visualisierung einschlägige Kurse angeboten, aber eher am Rande. In der Regel werden das Programmieren und die Designentwicklung von verschiedenen Personen im Team erledigt, wie Wimmer erklärt. Der grafische Aspekt ist der Schwerpunkt der Game-Development-Ausbildung am SAE Institut in Wien. Der bislang als einjähriger Vollzeitkurs geführte Lehrgang Game Arts & 3-D Animation wird mit April 2014 auf eine zweijährige, berufsbegleitende Ausbildung umgestellt, so Kurskoordinator Alexander Eibler. Im Anschluss daran kann ein zwölfmonatiger Bachelorlehrgang angeschlossen werden, der in Kooperation mit der Universität Middlesex durchgeführt wird. Inhalt der Ausbildung ist primär 3-D-Animation und Grafik. Zwar lernen die Teilnehmer auch, mit vorgefertigten Programmelementen umzugehen– nicht zuletzt, um selbstständig ein Videospiel zu entwerfen, was auch hier essenzieller Teil der Ausbildung ist. Programmieren im engeren Sinn steht aber nicht auf dem Lehrplan, wie Eibler erklärt. Neben der Games-Industrie sind auch (Animations-)filme und Werbung mögliche Betätigungsfelder für Absolventen.

Das Interesse an dem Lehrgang sei in den letzten Jahren gestiegen– was allerdings auch den Konkurrenzdruck erhöht. „Um in der Spielebranche unterzukommen, muss man schon in der Ausbildung einen gewissen Biss zeigen“, so Eibler. Der Kurs für das SAE-Diplom steht jedem ab 18 – auch ohne Matura – offen. In einem Aufnahmegespräch wird allerdings die Eignung, vor allem das grafische Talent, abgeklärt. Die Kosten betragen 11.800 Euro für den zweijährigen Kurs und weitere 6170 Euro für das Bachelorstudium.

Auch die Musik- und Medienakademie Deutsche Pop bietet in Wien einen grafisch orientierten Kurs zum Game-Designer an, der wahlweise Voll- oder Teilzeit in einem beziehungsweise zwei Jahren absolviert werden kann und knapp 6000 Euro kostet.

Übung von Teamwork

Die Zusammenarbeit von technischem und künstlerischem Bereich wird an der FH Salzburg bereits im Studium exerziert. Die Teilnehmer der Studiengänge Multimedia Art und Multimedia Technology (jeweils Bachelor und Master) arbeiten schon im Unterricht gemeinsamen an Projekten.

Last but not least bietet die FH Oberösterreich am Campus Hagenberg mehrere Studien an, die auch den Einstieg in die Spieleindustrie ermöglichen: Der Bachelorstudiengang Medientechnik und -design verbindet technische und gestalterische Aspekte, das Masterstudium Digital Arts bietet einen designorientierten Zugang in den Bereichen Animation, Postproduktion und Games. Das Masterstudium Interactive Media wiederum ist technisch ausgerichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.