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Lokalkritik: Ausflug zum Kamper nach Admont

Kommen Gäste – und kommt auch Personal?
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Ein Ort, in dem Wirtshäuser zusperren, andererseits aber auch aufblühen. 

Jetzt hat das Gasthaus zur Ennsbrücke, in der Gegend besser bekannt als Pirafelner, schon ein paar Monate geschlossen: Pense. Dass sich ein Pächter für die Nachfolge findet: ungewiss, eher immer unwahrscheinlicher. Eigentlich schwer vorstellbar – wie lang gab’s das Gasthaus schon? „Ewig“, sagen die Einheimischen.

So wie in Admont ist’s in vielen Orten im Land: Gasthäuser sperren eher zu als auf. Muss gar nicht am Geschäft liegen, es lief auch im Pirafelner. Doch die „Mitarbeiterkrise“ hatte zuletzt auch dort schon die Öffnungszeiten eingeschränkt. Das Wagnis einer Neueröffnung ist offenbar ein ­doppeltes geworden: Kommen Gäste – und kommt auch Personal?

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Was bleibt also in dem schönen Ort, ­dessen Besucher Bergsteigerinnen und Wanderer, E-Biker und Motorradfahrerinnen sind? Die Busse halten beim Stifts­keller im Schatten des Doms. Dann gibt’s den ­Buchner ums Eck und zwei, drei kleinere Wirte, in denen gekocht wird, „was man halt bei uns isst“: Leberknödelsuppe, Schnitzel, gebackener Fisch mit Erdäpfelsalat. Schweinsbraten. Auch den Kamper auf der Hauptstraße, und damit zum kulinarischen Kometeneinschlag, gibt’s schon ewig (kann man sagen: seit 1896). Nur dass ein geglückter Generationenwechsel einen für die Gegend neuen Lokaltypus erschaffen hat. Küchenchef Albert Kamper jun. holt die weite Welt auf die Teller, ohne bei den Zutaten die Region zu ver­lassen. Um niemanden zu verschrecken, sind Fritatten-, Leber- und Kaspress­knödelsuppe sowie das obligate Schnitzel (vom Bio-Strohschwein, 15,80 Euro) auf der Karte verblieben. Warum auch nicht. Albert, der u. a. im Flachauer Hoagascht die Fusionsküche erlernt hat, kann in „Omas Fleischlaberl mit Püree“ ein „Idealgericht“ erkennen.

Aber es geht so viel mehr, wenn man Ideen hat und sie auf den Tisch bringt (und das in der Disziplin der durchgehend warmen Küche!). Zur Vorspeise etwa das Tatar von der Karotte mit Zitrusmarinade, Fenchel, Senfkaviar, Gochujang-Mayo (7,80). Kross und schmeichelnd das Saiblingsfilet mit Spinatfregola, Karottencreme (19,80). Eine rustikale Gaudi der Hirschrücken mit Blaukrautvi­taminen, Kartoffel-Specklaibchen (26,40). Und Rinderfiletstreifen in einem Bulgogi hab’ ich noch nie so zart schmelzend erlebt wie in diesem hier (mit Wachtelei, 17,20). Immer was Neues auf der Karte, fix aber klug gewählte Weine wie den St. Laurent vom Platzer (3,80). Und ein Seidl Gösser vom Fass, in der Bergluft, da geht auch nix drüber. Das ist jetzt aber nicht neu.

Info

Der Kamper, Hauptstraße 19, 8911 Admont, Tel.: +43/(0)3613/36 88. Mo. Ruhetag. 11.30–20.00 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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