Heinisch-Hosek: "Wozu will man auf die Straße gehen?"

PK - LEHRERDIENSTRECHT: HEINISCH-HOSEK
PK - LEHRERDIENSTRECHT: HEINISCH-HOSEKAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Ministerin Heinisch-Hosek kündigt für die Lehrer bis zu 2000 Bedienstete zur pädagogischen Unterstützung an. Bei den Beamtengehältern will sie die Erhöhung 2014 sozial staffeln.

Die Beamtengewerkschaft hat Kampfmaßnahmen der Lehrer wegen des neuen Dienstrechts angekündigt. Wo sind denn die Solidaritätskundgebungen der Junglehrer für ihr neues Modell?

Gabriele Heinisch-Hosek: Die kann es noch nicht geben, weil die neuen Lehrer, die jetzt zu studieren beginnen, noch sehr gut informiert werden müssen, was das neue Lehrerdienstrecht bringt.

Erwarten Sie nach der Information dann viel Zuspruch?

Ich rechne damit, dass sich der Großteil für das neue System entscheiden wird. Denn es bietet genug Attraktionen: zum einen höhere Einstiegsgehälter in einer Lebensphase, in der man zum Gründen einer Familie oder zum Kaufen einer Wohnung das Geld mehr braucht als am Ende des Berufslebens. Zum anderen heißt mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen nicht nur mehr Stunden, sondern auch Beratung von Schülern und Intensivierung der Beziehungsarbeit. Genau das erwarte ich mir von einem modernen Dienstrecht.

Welche Zugeständnisse sind noch möglich?

Ich will an den Eckpfeilern nicht mehr rütteln. Das heißt: 24 Stunden bei den Kindern, davon mindestens 22 Stunden unterrichten. Über die Thematik der Masterausbildung in der Oberstufe kann man reden. Ansonsten kann es nur kleinere Bereiche betreffen.

Rechnen Sie im Parlament mit der Zustimmung aller SPÖ-Gewerkschafter?

Das bedarf noch einer guten Abklärung im SPÖ-Klub. Es wurde an den ÖGB-Vorstand kein Streikbeschluss herangetragen, sondern das Ausloten aller Möglichkeiten von Kampfmaßnahmen. Bis zur Beschlussfassung, die sich vor Weihnachten ausgehen soll, wird man sehen, wie sich die Lage entwickelt. Das heißt nicht automatisch Streik.

Was ist an einem Streik so schlimm, dass niemand dieses Wort in den Mund nehmen will?

Das Wort ist legitim aus Sicht derer, die gegen etwas demonstrieren. Aber die Vorwürfe das Lebenseinkommen betreffend kann ich zerstreuen, die sind nicht da. Wozu will man dann auf die Straße gehen, wenn für jene, die jetzt im Berufsleben stehen, alles gleich bleibt und für die neu eintretenden jungen Lehrerinnen und Lehrer die Sachlage, dass alle dazugewinnen, klar ist? Wir werden auch pädagogisches Unterstützungspersonal zusagen. Das muss man im Finanzausgleich noch regeln. Und beim Unterstützungspersonal im Verwaltungsbereich haben wir einen erfolgreichen Weg mit Post- und Telekombediensteten begonnen.

Wie viel Personal wäre das zusätzlich?

Beim pädagogischen Unterstützungspersonal, also etwa Sozialarbeitern oder Schulpsychologinnen, sind es in Stufen in den nächsten fünf Jahren rund 2000 Personen, unter der Voraussetzung, dass dies im Finanzausgleich mit den Ländern geregelt wird.

Sie haben in der „ZiB 2" betont, auch im Sinne der Gleichstellung aller Lehrer ist das neue Dienstrecht notwendig. Die Wünsche der Kindergärtnerinnen zur Besoldung sind jedoch nicht berücksichtigt worden.

Wir streben an, dass zukünftig auch dieser Bereich umfasst ist.

Zukünftig ist ein sehr dehnbarer Begriff.

Ja, der muss auch dehnbar bleiben, weil ich mich dazu vor dem Koalitionsabschluss nicht festlegen kann.

Sie haben vor einiger Zeit darüber nachgedacht, für die ersten drei Streiktage kein Gehalt auszuzahlen. Ist das noch aktuell?

Ich gehe davon aus, dass es zu keinem Lehrerstreik kommen wird. Daher ist das für mich nicht aktuell und auch unabhängig davon kein Thema.

Der zweite Konfliktpunkt sind die Gehaltsverhandlungen. Sie haben versprochen, die öffentlich Bediensteten könnten sich auf eine Erhöhung ab Jänner verlassen.

Wenn sich die Gewerkschaft auf uns zubewegt und ihre Forderung nicht bei der Abdeckung der Inflation beginnt, geht sich das auf jeden Fall aus.

Wo ist die Marke, bis zu der Ihnen die Gewerkschaft entgegenkommen muss?

Dass wir uns bei einem moderaten Abschluss treffen können. Über Prozente kann ich jetzt nichts sagen.

Es kursiert, das wäre ein Prozent Gehaltserhöhung plus umgerechnet 0,5 Prozent als Einmalzahlung.

Das sind und bleiben Gerüchte. Über Zahlen werde ich am Verhandlungstisch sprechen und nicht in den Medien. Aber eine soziale Staffelung ist mit der Gewerkschaft zu klären. Wir sollten bei kleineren Gehältern auf jeden Fall ein deutliches Zeichen setzen. Ich gehe davon aus, dass auch die Gewerkschaft dieser Meinung ist.

Sie sind Chefverhandlerin der SPÖ bei den Regierungsverhandlungen für den Bildungsbereich. Wie laufen die Gespräche?

In guter, ruhiger, konstruktiver Atmosphäre. Wir sind schon sehr weit, es ist aber noch nicht abgeschlossen.

Verlaufen die Grenzen dort, wo sie auch in der Vergangenheit verlaufen sind, etwa bei Studiengebühren und der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen?

Sagen wir so: Es sind keine neu definierten Grenzen.

Da sind die Hürden noch nicht genommen?

In diesen Bereichen verhandeln wir noch, ja.

Ist das für Sie gerade die Aufwärmrunde für eine Aufgabe als künftige Unterrichtsministerin?

Dazu werde ich mich nicht äußern, diese Entscheidungen werden zum Schluss getroffen. Ich habe aber schon deponiert und wiederhole es gern: Ich möchte Frauenministerin bleiben.

Generell: SPÖ und ÖVP haben erklärt, bis Weihnachten zu einem Abschluss kommen zu wollen. Wie realistisch ist das?

Wir sind alle mit Hochdruck bei den Verhandlungen. Wir können unser Ziel schaffen.

Parallel wird derzeit in Berlin zwischen Union und SPD über eine Koalition verhandelt. Dort gibt es unter anderem auch die Überlegung, das Prostitutionsgesetz zu verschärfen. Haben Sie in Ihrer Funktion als Frauenministerin für Österreich auch solche Pläne?

Ich sehe für Österreich im Moment keinen Änderungsbedarf. Denn ein Verbot, wie es in Schweden schon besteht, oder in Deutschland, wo wir eine ähnliche Rechtssituation haben, mit einer Verschärfung des Gesetzes, bedeutet eine Verschlechterung für die Sexdienstleisterinnen. Prostitution verschwindet nicht, sie wird in der Illegalität versteckt. Mir ist der Schutz der Frauen wichtiger als das Verbot der Prostitution.

Es gäbe die Möglichkeit, Strafen für Freier einzuführen.

Damit Freier dann nicht gestraft werden, müssten sie noch versteckter zu Prostituierten gehen. Für mich ist das nur eine andere Bezeichnung. Es werden deswegen nicht weniger Freier zu Prostituierten gehen.

Was soll getan werden?

Ich bin dafür, dass man Freier straft, wenn sie Sex mit Minderjährigen haben oder bei ungeschützten Sexpraktiken.

Also ohne Kondom.

Ja. Ich würde mir eine Kondompflicht wünschen, aber wie will man das kontrollieren?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

GROSSDEMONSTRATION FÜR EIN FAIRES DIENSTRECHT F�R LEHRER
Schule

Lehrer-Demo: Schulen bleiben offen

Die Eltern sollen den Ärger der Lehrer auf die Regierung noch nicht zu spüren bekommen. Der Unterricht an den Schulen sei sichergestellt, sagt die Gewerkschaft.
Schule

Lehrerdienstrecht heute durchgeboxt

Nur mit leichten Änderungen wird das Dienstrecht beschlossen. Am Mittwoch gehen die AHS-Lehrer deshalb auf die Straße. Es wird eine Großdemo.
Schule

Fachfremder Unterricht: Lehrer muss zustimmen

Der geänderte Entwurf zum Lehrerdienstrecht hat den Verfassungsausschuss passiert. Der Beschluss am 17. Dezember dürfte sicher sein.
VERHANDLUNGEN ZUM LEHRERDIENSTRECHT: KIMBERGER
Schule

Oberstufenlehrer sollen weniger unterrichten

Die Regierung kommt den Lehrern ein kleines Stück entgegen. Teils sind die Adaptionen aber schwammig - und reichen den Lehrern nicht ganz.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.