Die ewige Faschingsparty

(c) Daniel Gottschling
  • Drucken

Männer in Hochzeitskleidern oder als Sailor Moon - aber Rhinoplasty will mehr sein als eine Partyreihe für Schwule und Lesben in Wien.

With a taste of your lips I'm on a ride“, dröhnt Britney Spears aus den Boxen. Es ist heiß, den Leuten macht das aber nichts aus, sie tanzen weiter. Vor den Toiletten hat sich eine lange Schlange gebildet, auf dem Boden liegen zerbrochene Glasflaschen. Fast könnte man meinen, es sei eine typische Party – würde da nicht gerade eine Gruppe von Männern die Tanzfläche stürmen, in High Heels, Hochzeitskleidern und mit Brautschleiern. Ein Junggesellinnenabschied mit Männern? Auch nicht ganz.

Das Motto lautet an diesem Abend „Hochzeitsbraut“, und die männlichen Bräute tanzen zu Britney Spears bei der Verkleidungsparty Rhinoplasty, was übersetzt so viel wie Nasenoperation bedeutet. Sie gilt als die einzige öffentliche Privatparty in Wien, bei der sich die Gäste verkleiden dürfen – und das auch tun sollen. Öffentlich, da kein Eintritt verlangt wird. Und privat, da die Facebook-Einladungen von den Veranstaltern nur an Freunde und typische „Rhinogeher“ verschickt werden. Das können Dragqueens sein, Informatikstudenten oder Crossdresser – jene, die mit der Kleidung des anderen Geschlechts unterwegs sind.

Zweimal im Monat findet die Rhinoplasty-Party statt – immer mit einem anderen Motto, immer mit einem anderen Kostüm. Freilich ist auch die Stammgruppe rund um die drei Veranstalter Andy, Leonhard und Verena verkleidet. Angefangen hat die Verkleidungsparty vor rund sechs Jahren. „Ich habe vorher zwei Jahre lang bei mir in der Wohnung Partys gemacht, mir ist das aber zu mühsam geworden“, sagt Rhinoplasty-Gründer Andy, „dann haben wir die ersten Geburtstagspartys im Club veranstaltet.“

Der Name zum Event kommt aus der bisweilen brachialen Zeichentrick-Serie „Southpark“. „Da gibt es auf der Hauptstraße ein Haus, auf dem ,Rhinoplasty‘ steht.“ Das Wort, so Andy, habe einfach schön ausgesehen. Die Party selbst findet in einem Club am Karlsplatz statt. Wo genau, das wollen die Veranstalter aber nicht verraten: „Wir haben anfangs große Probleme gehabt, die Besucherströme unter Kontrolle zu halten. Es sind irgendwann zu viele Leute dort gewesen, der Club ist aus allen Nähten geplatzt. Das hat die Party auch etwas kaputt gemacht“, sagt Leonhard.


Einmalig in Berlin. Das Motto der Events wird meistens schon einige Wochen im Voraus geplant, auch an ihren Kostümen basteln die Veranstalter gemeinsam. Von Prinzessin über Sailor Moon und Pokemon bis zu den Reitern der Apokalypse – die Verkleidungen sind schrill, bunt und wirklich nicht zu übersehen. Zwar sei eine Gruppe von Stammgästen immer verkleidet, erzählt Andy, aber „tendenziell verkleiden sich immer mehr Leute“. Ob genau das die ganz eigene Rhinoplasty-Atmosphäre ausmache? „Ich denke schon. Es gibt viele Partys mit ähnlicher Musik, aber man merkt schon, dass es bei uns einfach etwas anderes ist.“ Hinzu komme, dass selbst in anderen europäischen Städten – oder besser gesagt Partystädten – kein vergleichbares Konzept zu finden sei.

Leonhard, der längere Zeit in Berlin gewohnt hat, hat die Rhinoplasty-Party für einen Abend in einen Berliner Club exportiert: „Die Leute sind ausgeflippt.“ Ansonsten halten die Organisatoren aber am Standort Wien fest. Wer von außerhalb zu Rhino kommen will, muss sich eben ein Flugticket buchen.

Die Rhinoplasty-Partys haben sich bereits vor geraumer Zeit in der Hauptstadt herumgesprochen. Auch wenn sich die Veranstalter vor Sailor-Moon-Besucher kaum retten können, gebe es immer wieder auch negative Reaktionen. Von denen, die nur kommen, um zu sehen, wie die Leute verkleidet sind, sagt Leonhard. Dabei sei jeder willkommen – jeder, der mitmacht und andere nicht als „Transe“ oder „Schwuchtel“ beschimpft, was eben auch vorgekommen sei. Außerdem, erzählen die Veranstalter, wurden Besucher auch schon vom Gegenteil überzeugt. Es waren Gäste, die beim ersten Besuch konstatierten, die Veranstaltung sei „total krank“: „Aber sie hatten so viel Spaß, dass sie gern wiederkommen“, sagt Leonhard.

Obwohl die Veranstaltung von den Machern nie als Schwulen- und Lesbenparty gesehen wurde, wird sie von vielen Besuchern als solche wahrgenommen. 60 Prozent der Gäste würden aus der queeren Szene kommen, sagt Andy. Stören würde sie das aber nicht, zumal viele Gäste eben nicht homosexuell seien. Er kenne „Rhino“ schon seit längerer Zeit, erzählt etwa Partygast Werner Sturmberger: „Klar verändert sich das Publikum immer ein bisschen, aber die Atmosphäre bleibt die gleiche.“

Keine Gewinne. Ein politisches Statement wollen die Veranstalter mit Rhinoplasty aber auch nicht setzen – wie es beispielsweise bei der Regenbogenparade der Fall sei. „Das einzig Politische ist“, sagt Leonhard, „dass wir Lady Gaga auflegen.“ Außerdem: „Was kann eine Party schon politisch aussagen? Wir wollen, dass die Leute Spaß haben und einen guten Abend bei uns verbringen.“

Einen finanziellen Gewinn würde den Veranstaltern die Nasen-OP-Party jedenfalls nicht einbringen. Sie organisieren die Party, wie sie sagen, „just for fun“. Und solange sich das Publikum als Pokémon verkleidet, wollen die Organisatoren die Partyreihe auch weiterhin fortsetzen. Dabei hat Andy noch ein hehres Ziel: „Was mir noch fehlt, ist ein ,Rhinobaby‘“. Denn auf seinen Partys hätten bereits viele Paare zueinandergefunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.