Die ÖBB-Güterverkehrstochter hat Kooperationsvertrag mit zehn Privatbahnen gekündigt und fordert neue Verhandlungen.
Die ÖBB-Tochter Rail Cargo Austria (RCA) hat den jahrzehntealten Güterverkehr-Kooperationsvertrag mit den Privatbahnen gekündigt, schreibt das "WirtschaftsBlatt". Diese sehen sich dadurch wirtschaftlich bedroht. Betroffen sind zehn Privatbahnen, die neben Personen auch Güter befördern. Die Verträge seien großteils mehrere Jahrzehnte alt und entsprächen nicht mehr den heutigen Marktbedingungen, sagt ÖBB-Sprecherin Sonja Horner. "Die ÖBB können im Güterverkehr, der seit 2007 zu 100 Prozent liberalisiert ist und voll im Wettbewerb steht, nicht andere Wettbewerbsteilnehmer subventionieren." Die Staatsbahn wies außerdem darauf hin, dass die Förderungen für die Konkurrenten seit 2006 um mehr als 100 Prozent gestiegen seien, und zwar von 9,1 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 20,1 Millionen Euro 2011. Zudem seien die betroffenen Bahnen nicht "privat" - neun von zehn seien in Besitz der Länder oder des Bundes.
Betroffene Bahnen
Montafoner Bahn, Zillertalbahn, Raaberbahn, Stern & Hafferl, Graz Köflacher Bahn, Steiermärkische Landesbahnen, Salzburger Lokalbahn, Wiener Lokalbahnen Laut Branchenobmann Thomas Scheiber, auch Chef der Innsbrucker Verkehrsbetriebe, steht nun ein zweistelliger Millionenbetrag auf dem Spiel. Einzelne kleine Bahnunternehmen würden ab Jänner 2014 Einbußen von bis zu 70 Prozent hinnehmen müssen. "Dieses Geschäft ist so nicht mehr wirtschaftlich zu führen." Außerdem stehe eine Verlagerung der Transporte auf die Straße und eine Verkehrslawine von bis zu 300.000 Lkw-Fahrten bevor.
Verkehrsministerium blockt ab
Die ÖBB begründen die Vertragskündigung mit einer nötigen Anpassung an EU-Regulatorien und wirtschaftlichen Motiven. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Kooperation von den Wettbewerbsbehörden als verbotene Absprache zwischen Unternehmen und Aufteilung von Kunden interpretiert wird. "Wir haben die rechtlich notwendige Kündigung zum Anlass genommen, auch die Preiskonditionen mit unseren Partnern neu zu verhandeln", so die Bahn laut Zeitung.
Ein leistungsfähiges Angebot in der Fläche müsse wirtschaftlich auch tragbar sein. Vor dem Hintergrund, dass der Einzelwagenverkehr erst ab einer Distanz von 250 Kilometern kostenseitig konkurrenzfähig zum Lkw sei, strebten die ÖBB "eine gemeinsame, sinnvolle Lösung" mit ihren Partnern an. "Die Verhandlungen laufen; die Verträge gelten noch bis Ende 2013."
Die Privatbahnen fordern nun in einem Brief an das Infrastrukturministerium eine Änderung des Fördersystems, doch das Ressort von SP-Ministerin Doris Bures blockt ab. Das Fördersystem sei erst Ende 2012 "differenziert" worden. "Und in den Markt und die Tarifgestaltung greifen wir sicher nicht ein", wird Ministeriumsgeneralsekretär Herbert Kasser zitiert.
(APA)