Studie: Praktikanten häufig unterbezahlt

(c) imago stock&people (imago stock&people)
  • Drucken

Im Arbeitsrecht gebe es keine Defintion des Begriffs Praktikums, sagt ein Studienautor. Kleinunternehmen kalkulieren sogar oft mit der billigen Arbeitskraft.

Praktikanten in Österreich werden oft wie reguläre Arbeitskräfte eingesetzt, allerdings deutlich schlechter oder gar nicht bezahlt. Das zeigt eine Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). Die Ergebnisse der vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Untersuchung werden demnächst bei einer Enquete des Ministeriums zum Thema "Praktika in Österreich – Fluch oder Segen?" präsentiert.

"Das Hauptproblem ist, dass es im österreichischen Arbeitsrecht keine Legaldefiniton des Begriffs Praktikum gibt", erklärte Studienautor Hubert Eichmann. Das lässt zwei mögliche Gestaltungsmöglichkeiten zu: Entweder man stelle die Arbeitsverpflichtung und die Einbindung des Praktikanten in den Betrieb in den Vordergrund, dann müsse man auch entsprechend entlohnen.

Ausbildung oder Arbeitsverhältnis?

Oder man betrachte das Praktikum tatsächlich als Ausbildungszeit, in der der Praktikant kurzfristig Berufserfahrung schnuppern kann und keine direkte Arbeitsverpflichtung hat. "Derzeit verschwimmen diese beiden Formen: Das Praktikum wird als Ausbildungsverhältnis oder gar nicht deklariert und bezahlt, aber wie ein Arbeitsverhältnis organisiert", so Eichmann.

Zu regulärer oft Vollzeitarbeit kommt daher der schlechte oder nicht existente Verdienst – jenes Phänomen, das derzeit gerne mit dem Begriff "Generation Praktikum" beschrieben wird. Würden diese Praktikanten im Nachhinein klagen, bekämen sie mit großer Wahrscheinlichkeit recht, schilderte Eichmann. Das Problem: Kaum jemand macht den Schritt zu Arbeitnehmervertretern oder gar vor Gericht. "Viele wissen auch gar nicht, welche Rechte sie haben."

Pflichtpraktika weniger oft entlohnt

Für die Studie wurde nicht nur empirisches Datenmaterial über Praktika gesammelt, sondern auch 45 Interviews mit Schülern und Studenten sowie Graduierten durchgeführt. Dabei zeigten sich gravierende Unterschiede: Sind Praktika bei Schülern noch meist bezahlt (86 Prozent), ändert sich das an der Universität schlagartig. Bei Pflichtpraktika von Studenten ist nur noch knapp ein Drittel bezahlt, bei freiwilligen Praktika sind es zwei Drittel.

Besonders drastisch wird die Situation nach Studienabschluss. 13 Prozent eines Jahrgangs absolvieren auch nach Studienabschluss noch mindestens ein Praktikum. Ein Viertel davon ist unbezahlt, ein weiteres Drittel arbeitet für einen Lohn unter der Geringfügigkeitsgrenze von 386,80 Euro. "Hier sind das Problem und der Missbrauch sicher am größten", meinte der Experte.

Kleinunternehmen kalkulieren mit Praktikanten

In absoluten Zahlen sind Akademiker immer noch am besten abgesichert, allerdings sei die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe verhältnismäßig am stärksten gestiegen. "Viele junge Absolventen nehmen daher Arbeit unter jeder Bedingung an, um keine Lücke in ihrem Lebenslauf zu haben und Erfahrung sammeln zu können", so Eichmann. Auch die steigenden Absolventenzahlen tragen zu dem wachsenden Problem bei.

Betroffen sind vor allem Studenten und Absolventen von geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien und damit auch viele Frauen. "Viele Kleinunternehmen in diesem Bereich kalkulieren sogar mit schlecht verdienenden Praktikanten. Ohne sie wäre der Betrieb nicht aufrechtzuerhalten", meinte Eichmann. Je technischer ein Studium, desto weniger Probleme, besser bezahlte Praktika und nach Studienabschluss gleich einen Job zu finden.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Jugendlicher bei der Arbeit
Schule

Schüler: Strengere Auflagen bei Pflichtpraktika verlangt

Die Arbeiterkammer macht Druck, dass für Schüler und Studenten eine Entlohnung nach Kollektivvertrag gesichert sein muss.
Weiterbildung

Praktika: Mehr als reine Pflichtübungen

Generation Praktikum? Für viele FH-Studenten ist die Praxis in einer Firma Sprungbrett in einen fixen Job. Und auch wenn Geld nicht das Wichtigste ist: So manches Praktikum ist gar nicht schlecht bezahlt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.