Die Zentralbank denkt über neue Wege in der Eurokrise nach. Bankenkredite könnten künftig nur noch dann vergeben werden, wenn sich die Institute verpflichten, das Geld an Industriebetriebe weiterzugeben.
Die Europäische Zentralbank könnte eine neue Geldspritze an strengere Bedingungen knüpfen. Der EZB-Rat erwägt, eine neue langfristige Kreditlinie aufzulegen, die nur von Banken in Anspruch genommen werden darf, die das Geld als Darlehen an Industrie-, Handels-, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe weitergeben, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Notenbank. Auch wenn die Möglichkeit der Zweckwidmung von Krediten laut den Statuten erlaubt ist, gibt es in der Notenbank Befürchtungen, dass sich die EZB in gefährliches Fahrwasser begibt. "Wenn man das anfängt, wo endet das?", zitiert die "Süddeutsche" einen Insider: "Schreibt die Notenbank der Kreditwirtschaft dann als Nächstes vor, dass sie das Geld zwar an Friseure, nicht aber an Sonnenstudios verleihen darf?"
Auch seien die Erfahrungen, die man andernorts mit Zweckbindungen gemacht habe, ernüchternd. In Großbritannien etwa legte die Bank of England ein ähnliches auf. Die meisten Geschäftsbanken lehnten ab.
Eine Billion Euro in Banken-System gepumpt
Das würde eine neue Geldspritze von den vorherigen Riesenkrediten, die die Notenbank Ende 2011 und Anfang 2012 eingesetzt hatte, unterscheiden. Damals hatte die EZB mehr als eine Billion Euro in das Banken-System gepumpt, um die schwächelnde Wirtschaft in der Eurozone auf Trab zu bringen. Allerdings hatten viele Banken das Geld nicht weitergegeben, sondern es gehortet. Zahlreiche Kreditinstitute aus Südeuropa kauften mit dem Geld hochverzinste Anleihen ihres Landes. Experten rechnen damit, dass die EZB Anfang 2014 einen neuen Langfristkredit auflegen wird.
Die Zweckbindungen von Bankenkrediten ist nur eine der Möglichkeiten, die derzeit heftig im EZB-Rat diskutiert werden. So wird etwa über Negativzinsen nachgedacht. Eine weitere Möglichkeit ist der Ankauf von Staatsanleihen im großen Stil, wie ihn etwa die US-Notenbank Fed seit Langem praktiziert. EZB-Mitglieder betonten immer wieder, dass sie auch nach der Senkung des Leitzinses auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent im November genügend Spielraum haben, um gegen die Euro-Schuldenkrise vorzugehen.
Bericht in der "Süddeutschen Zeitung"
(APA/Reuters/Red.)