Italiens Senat schließt Berlusconi aus

Pro-Berlusconi-Kundgebung
Pro-Berlusconi-KundgebungAPA/EPA/ANGELO CARCONI
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Wie erwartet hat die kleinere Parlamentskammer dem Ex-Premier am Mittwoch seinen Sitz entzogen. Zornige Berlusconi-Anhänger demonstrierten im Zentrum von Rom, die Polizei befürchtete eine Eskalation.

Die Würfel sind gefallen: Der italienische Senat hat am frühen Mittwochabend Ex-Premier Silvio Berlusconi (77) ausgeschlossen. Grund ist eine rechtskräftige Verurteilung des Medienmoguls wegen Steuerbetrugs.

Bis zuletzt hatte sich Silvio Berlusconi kämpferisch gegeben. Wenige Stunden vor der entscheidenden Senatssitzung ließ er am Mittwoch tausende Anhänger seiner Forza Italia-Partei vor dem Parlament aufmarschieren. Das sei ein "Trauertag für die Demokratie" skandierten einige, "Staatsstreich, Staatsstreich", brüllten andere, einige waren in Tränen aufgelöst. Andere schwenkten Fahnen, auf denen ihr Idol unter dem Stern der linksradikalen Roten Brigaden zu sehen war: "Berlusconi, politischer Gefangener" stand drauf.

Aus ganz Italien waren die Aktivisten mit Bussen angereist und sorgten im Herzen der Hauptstadt für Chaos und Staus. Erst versammelten sich vor Berlusconis Luxusresidenz Palazzo Grazioli, dann zogen sie Richtung Parlament weiter. Die Polizei war mit einem Großaufgebot in der Innenstadt präsent. Wegen der Demonstration kam es im Zentrum zu erheblichen Problemen mit dem Verkehr. Buslinien wurden umgeleitet. Die Forza Italia klagte, dass Busse mit Anhängern des TV-Fürsten daran gehindert worden seien, das Zentrum zu erreichen.

Zu Protesten kam es auch, nachdem die Polizei ein großes Plakat mit dem Slogan "Staatsstreich!" in Anspielung aus Berlusconis bevorstehendem Parlamentsausschluss entfernt hatte. Das Plakat war von Anhängern des Medienzaren vor dem Eingang des Palazzo Grazioli aufgestellt worden. "Das ist eine gravierende Verletzung des Demonstrationsrechts", kritisierten Aktivisten der Forza Italia.

Austritt aus Regierungskoalition

Am späten Nachmittag wollte der Senat entscheiden, ob Silvio Berlusconi nach 20 Jahren aus dem Parlament rausgeworfen werden sollte. Damit wird der 77-jährige Medienmagnat voraussichtlich die parlamentarische Immunität verlieren, die ihn bisher vor Strafverfolgung schützte. Berlusconi war im August wegen Steuerbetrugs rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden, die Strafe wurde wegen einer Amnestie auf ein Jahr Haft verkürzt.

Grundlage für das Votum im Senat ist das Antikorruptionsgesetz "Severino", wonach rechtskräftig verurteilte Parlamentarier ihr Mandat abgeben müssen. Aus Protest gegen die Abstimmung im Senat beschloss Berlusconis Partei am Dienstag den Austritt aus der Regierungskoalition, die das Kabinett Letta unterstützt. 

Dies dürfte jedoch Premier Letta nicht belasten, da er dank der vom Berlusconi-Lager abgespaltenen Mitte-Rechts-Partei Neue Rechte Mitte um Innenminister Angelino Alfano nicht mehr auf die Stimmen von Berlusconis Parlamentariern angewiesen ist.

(basta., APA)

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