„The Counselor“: Hier regiert ein großes Nichts

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Brutal zerdehnte Dialogszenen: Ridley Scott ist am ersten Originaldrehbuch des US-Autors Cormac McCarthy gescheitert.

Der Beweis strahlt von der Leinwand: Der extravagante Existenzialismus des US-Romanciers Cormac McCarthy („The Road“, „No Country for Old Man“) lässt sich nur bedingt filmisch aufbereiten. Jedenfalls nicht, wenn kein tauglicher Regisseur als ausgleichende, vermittelnde Kraft hinter dem Projekt steht. Ridley Scotts „The Counselor“ basiert auf dem ersten Originaldrehbuch McCarthys und zeigt sich von der ersten Minute an als gegen jedwede Konvention gebürstet. Brutal zerdehnte Dialogszenen liegen als spannungsbefreite Brocken in der Geschichte herum und werden dann und wann von Momenten der Gewalt abgelöst. Am eindrucksvollsten ist vermutlich jener, in dem einem rasenden Motorradfahrer der Kopf mit einem über die Straße gespannten Drahtseil abgetrennt wird. Die emotionale Reaktion des Zuschauers auf die Gräueltat tendiert allerdings gen null.

Ridley Scott, ein ehemals stilprägender Regisseur, der immerhin den Science-Fiction-Klassiker „Blade Runner“ (1982) gedreht hat, versteht es nicht, die Künstlichkeit von McCarthys Skript durch seine Inszenierung auszugleichen. Ganz im Gegenteil: Er verstärkt sie eher und addiert seine eigene Extravaganz hinzu. Die Geschichte kreist um den titelgebenden Counselor, eine undurchsichtige, von Michael Fassbender stoisch gespielte Anwaltsfigur, die sich mit juridischen Expertisen und substanziellen Investments einen Fixplatz in diversen kriminellen Kartellen gesichert hat.

Cameron Diaz als Femme fatale

Cameron Diaz und Penelope Cruz in ''The Counselor''
Cameron Diaz und Penelope Cruz in ''The Counselor''(c) Centfox

Aber da ginge noch mehr, meint der exzentrische mexikanische Gauner Reiner (mit einprägsamer Frisur: Javier Bardem): Gemeinsam mit seiner Freundin Malkina (Cameron Diaz als Femme fatale), die sich zwei Geparden hält, um sie beim Jagen in der Pampa zu beobachten, existiert er in einem von jeder Wirklichkeit befreiten Wunderland aus Drogengeld und Luxusvillen.

Unter den Oberflächen lauern allerdings gewaltige Abgründe: Der Counselor merkt viel zu spät, dass er längst Teilstück eines perfiden Spiels ist, an dessen Ende es nur einen Sieger (oder: eine Siegerin) geben wird. Was dann genau passiert, ist schwer zu sagen. Viel ist es allerdings nicht: „The Counselor“ ist ein kunstvoller Tanz um die große Leere, ein behändes Jonglieren mit lässigen Oberflächen, die zumindest zeitweise verstecken können, dass hier einfach ein großes Nichts regiert – und das immerhin gute zwei Stunden lang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2013)


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