Berlusconi will „gegen Linke weiterkämpfen“

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Der Senat hat den Ex-Premier ausgeschlossen. Für Berlusconi ist das ein „bitterer Tag für die Demokratie“.

Rom.  Mit seinen Tricks ist er noch nicht am Ende, aber sie haben ihm nichts mehr genützt: Mittwochabend sollte Silvio Berlusconi sein Parlamentsmandat verlieren. Das heißt, eigentlich hat er es schon an dem Tag verloren, an dem er wegen Steuerbetrugs in letzter Gerichtsinstanz zu vier Jahren Haft verurteilt worden ist. Aber in den fast vier Monaten, die seither verstrichen sind, hat er selbst und haben seine Parteifreunde alles unternommen, um die notwendige Bestätigung des Parlaments hinauszuzögern. Sie versuchten mit einem Misstrauensvotum sogar den Sturz der Regierung. Einziges Ergebnis: Berlusconis Partei spaltete sich.

Am Nachmittag hat Silvio Berlusconi seine glühendsten Anhänger zu einer Protestkundgebung gegen den „Staatsstreich“ und gegen den „politischen Mord“ an ihm versammelt. Tausende Menschen versammelten sich im Zentrum von Rom, wegen der Demonstration stand der Verkehr still. Mit düsterer Miene zeigte sich dann Berlusconi vor seinem Palazzo: „Das ist ein bitterer Tag für die Demokratie“, sagte er. „Die Staatsanwälte bereiten die Machtübernahme der Linken vor. Aber wir werden weiterkämpfen, auch außerhalb des Parlaments.“

Inzwischen wollten etwa 200 von 315 Senatoren den Ausschluss Berlusconis aus der Volksvertretung beschließen. Die Mehrheit bestand im Wesentlichen aus den 107 Senatoren der Linksdemokraten – Mitglied derselben Großen Koalition, der Berlusconis eigene Partei bis Dienstagabend angehörte –, und aus den 50 Parlamentariern der fundamentaloppositionellen „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo. Dazu kamen Kleingruppen und einzelne Senatoren.

„Kommunistische Feinde Italiens“

Weiterhin für Berlusconi wollten die Rebellen in oder nunmehr außerhalb seiner eigenen Partei stimmen: Vizepremier Angelino Alfano und dessen „Neue Rechte Mitte“. Auch sie halten die Verurteilung Berlusconis für „ungerecht“ und das Gesetz zur Aberkennung des Parlamentsmandats, das sie selbst vor elf Monaten mitbeschlossen haben, für verfassungswidrig.

Zuvor noch hat Berlusconi vergeblich eine Verschiebung des Votums verlangt: Er habe neue Zeugen aufgetrieben; außerdem habe er die in Italien letztinstanzliche Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten. Den Senatoren, die für seinen Ausschluss stimmen wollen, sagt Berlusconi, sie sollten sich selbst und die Bürger Italiens nicht diesen „unkontrollierten“ Richtern ausliefern: „Denkt nochmal über euer Votum nach, lasst nicht kurzfristige politische Vorteile über euer Gewissen siegen; andernfalls werdet ihr euch in Zukunft vor euren Kindern, euren Wählern, den Italienern schämen.“ Und allen, die er bisher als „kommunistische Feinde Italiens“ schmähte, die bittet er nun „um Respekt, gegründet auf Menschenwürde“.

Unterdessen hat das Parlament gezeigt, dass es auch ohne Berlusconi geht: Der Budgetentwurf, den die Regierung vorgelegt hat, ging mit 171 zu 135 Stimmen durch. Und nicht nur das: Das vom Sozialdemokraten Enrico Letta geführte Kabinett hat die Abstimmung mit dem Vertrauensvotum verbunden. Das heißt: Die von Berlusconis Partei abgespaltene „Neue Rechte Mitte“ bleibt ihrem Versprechen treu und hält die Regierung am Leben. Während für Berlusconi die Lage alles andere als rosig aussieht: Mit dem Ende seines Mandats – nach fast zwanzig Jahren – verliert Berlusconi auch seine Immunität.
„So wie ich die Staatsanwaltschaften kenne“, sagt er, „liefern die sich bestimmt schon ein Wettrennen darum, wer mich als Erster verhaften darf.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2013)

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