Anna Badora: "Es ist unvernünftig, aber mein Abenteuernerv hat mich gepackt!"

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Anna Badora, ab 2015 neue Intendantin des Wiener Volkstheaters, plant "Umstrukturierungen, was harmloser klingt, als es ist". Mit gröberen Budgeterhöhungen ist nämlich nicht zu rechnen.

Ab 2015 übernimmt die Grazer Schauspielhaus-Chefin, Anna Badora, als Nachfolgerin von Michael Schottenberg die Intendanz des Wiener Volkstheaters (VT). Es gab 32 Bewerber, fast die Hälfte waren Frauen. Badora bekommt die bereits Schottenberg gewährten 600.000 Euro mehr von Bund und Stadt Wien sowie ein Übergangsbudget von 400.000 Euro. Das VT braucht eine Sanierung für rund 36 Mio. Euro. Badora hat in Graz bis 2017 einen Vertrag, aber: „Es ist eine gute Grazer Sitte, dass man Leuten, die weggehen, keine Steine in den Weg legt.“ Mit der „Presse“ sprach sie über die neue „gigantische Aufgabe“, für die sie sich entschlossen habe, die „Komfortzone Graz“ zu verlassen.

Die Presse: In Graz wirken Sie oft heiterer, entspannter als hier in Wien. Hatten Sie Bedenken, sich auf das VT einzulassen?

Anna Badora: Zunächst einmal ist das die normale Nervosität vor so einem Riesenumbruch. Es ist eine sehr große Verantwortung, die ich übernehme. Ich weiß, es wird nicht leicht werden. Aber ich freue mich wahnsinnig auf diese gewaltige Herausforderung – und dann noch in Wien. Ich mag Wien sehr!

Was war der Punkt, an dem Sie gesagt haben: Egal, wie mühsam es ist, ich mache es?

Jeder Theatermensch hat so einen Abenteuernerv, der hat mich gepackt. Ich weiß, es ist völlig unvernünftig, aber das gehört nun einmal zu unserem Beruf. Wichtig ist für mich die Zusage der politischen Unterstützung. Ich plane strukturelle Veränderungen, was harmloser klingt, als es ist.

Müssen sich die 250 VT-Mitarbeiter sozusagen warm anziehen? Es gibt Intendanten, die das halbe Ensemble kündigen. Dieses ist ja im VT qualitativ sehr unterschiedlich. Was haben Sie vor?

Das Ensemble zu halbieren wird nicht möglich sein, die künstlerische Ebene ist sehr mager, ja ausgehungert. Es geht generell um mehr Flexibilität im Volkstheater. Dass andere Schauspieler kommen, gehört zu jedem Intendantenwechsel. Das ist Standard, das habe ich nirgends anders erlebt. Man muss sich alle Künstler genau anschauen, manche gehen ja auch von allein weg. Als ich nach Graz kam, gingen zwei Drittel des Ensembles mit dem neuen Intendanten nach Mainz.

Große finanzielle Versprechungen wurden Ihnen nicht gemacht? Kulturstadtrat Mailath-Pokorny sprach davon, mit den vorhandenen Mitteln (11,8Mio. Euro) auszukommen. Es gibt 600.000Euro mehr, das ist höchstens die Abgeltung der Inflation bzw. der Lohnerhöhungen.

Es ist richtig, dass es keine großen Versprechungen gegeben hat. Ich werde um mehr Subventionen kämpfen, aber auch selbst schauen, dass wir mehr Sponsoren finden.

Was können Sie über das Programm sagen?

Das dauert noch. Ich hatte in Graz große Resonanz mit der Zuschauerschiene. Wir haben Projekte über Kaufleute und Lehrer. Ich möchte das kulturelle Erbe pflegen, Nestroy, Raimund, Handke, Bernhard. Ich möchte das Volkstheater international stärker verankern, Jugendliche ansprechen, mit Migranten arbeiten, in die Stadtteile gehen. Regisseure wie Yael Ronen, Viktor Bodó werde ich an das VT holen und auch selbst inszenieren.

Welche Autoren interessieren Sie?

Shakespeare, Tschechow, Ibsen. Ich mache sehr gern Uraufführungen wie Daniel Kehlmanns „Geister in Princeton“, Texte, die während der Proben entstehen – auch diese Herkulesprojekte wie „Klytaimnestra“.

Was passiert mit dem roten Stern am VT?

Vielleicht wird er versteigert.

Wie findet Ihre Familie Ihren Entschluss?

Ich bin in zweiter Ehe verheiratet, mein Mann hat zwei Söhne mitgebracht, ich einen. Sie sind erwachsen. Zuerst sagte mein Mann: „Oh, dem Esel geht es zu gut!“ Aber ich habe Riesenglück, dass er mitzieht. Er ist Biophysiker, Gehirnforscher. Er hat eine Firma, über Internet kann er überall arbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2013)

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