China schickt Trägerkampfgruppe Richtung Philippinen

Liaoning mit Begleitschiffen
Liaoning mit BegleitschiffenSCMP
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Der Träger "Liaoning" hält samt Begleitschiffen Kurs auf ein umstrittenes Riff vor Luzon. Die Liaoning ist aber nicht voll einsatzbereit. Chinas Luftverteidigungszone im Ostchinesischen Meer wird derweil ignoriert

Während die Krise im Ostchinesischen Meer, wo China vor Tagen eine "Identifikationszone zur Luftverteidigung" (ADIZ) ausgerufen hat, sich am Mittwoch weiter zuspitzte, als japanische Kampfjets unangemeldet durch die Zone flogen, gießt Peking weiter Öl ins Feuer: In der Nacht auf Donnerstag wurde bekannt, dass eine Kampfgruppe um den Flugzeugträger "Liaoning" mit vier großen Kriegsschiffen und mehreren Versorgern Kurs auf das Südchinesische Meer gesetzt hat. Auch dort schwelen ernste Gebietskonflikte zwischen China und den Anrainern Malaysia, Brunei, Vietnam und den Philippinen.

Laut chinesischen und australischen Medienberichten ist das Ziel der Trägerkampfgruppe das Scarborough-Riff unweit der Philippinen. Es liegt rund 230 Kilometer vor der Westküste der philippinischen Nordinsel Luzon und wurde im Laufe der vergangenen Jahrhunderte von der spanischen Kolonialmacht als zu den Philippinen gehörig betrachtet; die Philippinen waren ihrerseits bis 1898 spanisch und beanspruchten das unbewohnte Riff weiter, wenngleich China, und später auch Taiwan, ebenfalls Ansprüche erhoben, weil hier schon seit Jahrhunderten chinesische Fischer aktiv seien - ein Argument, das auch für die Philippinen gelten kann.

Das Riff, das bei Flut auf einer Fläche von vielleicht zwei Hektar maximal drei Meter aus dem Wasser ragt, hat seinen Namen von einem Schiff der Britischen Ostindien-Kompanie, das dort 1784 sank. Im April 2012 drangen zunächst mehrere chinesische Fischerboote in das Riff ein; als die philippinische Küstenwache auftauchte gab es Handgemenge, dann kamen chinesische Kriegsschiffe. Seither halten chinesische Küstenwächter das Riff dauerhaft besetzt, was eine Art "Kalten Seekrieg" zwischen den beiden Staaten ausgelöst hat.

Philippinen sind empört

Von Chinas Küste ist das Riff, das klar in der laut Seerecht Ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen liegt, etwa 860 km entfernt.

Die philippinische Regierung hat die Entsendung der Liaoning, die bereits am Dienstag ihren Heimathafen Qingdao (Tsingtao) an Chinas nördlichem Küstenabschnitt verlassen hatte, scharf verurteilt: Die Aktion erhöhe die Spannung im Südchineschen Meer weiter, sagte ein Sprecher des Außenamtes in Manila.

In vielen Medienberichten wird die Liaoning freilich überschätzt: Das Schiff, das Chinas erster Flugzeugträger ist, wurde erst im September 2012 in Dienst gestellt und verfügt noch über keine voll einsatzbereite Luftkomponente, sprich Bestückung mit Kampfflugzeugen. Sie soll zwar künftig bis zu etwa 30 moderne Kampfjets  vom Typ Shenyang J-15 aufnehmen (das sind Nachbauten der russischen Suchoi Su-33 "Flanker-D"), aber derzeit sind dauerhaft höchstens zwei bis fünf Maschinen auf ihr stationiert; die Piloten haben noch wenig Erfahrung mit dem Landen und Starten von Trägern, ebenso im Grunde die gesamte Crew, und überdies dürfte es laut Berichten von Militärexperten derzeit nur etwa fünf Piloten in ganz China geben, die als Trägerpiloten zertifiziert sind.

Träger nur marginal einsatzbereit

Die Liaoning (mit einer Verdrängung von leer rund 53.000 Tonnen ist sie etwa halb so groß wie die "Super-Träger" der USA) ist derzeit also im Grunde nur ein Trainingsschiff und nicht wirklich kampfbereit, auch der Zustand ihrer Luftabwehrsysteme (ein Mix aus Raketen und Kanonen) und Langstreckenradars ist noch fraglich. Ein vollwertiger Flugzeugträger wird sie frühestens in vier Jahren sein, sagen selbst chinesische Admiräle. Dennoch ist ihre Entsendung samt Begleitschiffen (zwei Zerstörer, zwei Fregatten, möglicherweise ein U-Boot) ein starkes Signal inmitten der Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer.

J-15 auf der Liaoning
J-15 auf der LiaoningPeoples Navy of China

Übrigens gibt es Berichte chinesischer und internationaler Fachmedien, wonach aufgrund der grundsätzlichen Gestaltung des Flugdecks (der Start erfolgt über eine "Sprungschanze" ohne Hilfe eines Katapults) die J-15 nicht ihre volle Waffen- bzw. Treibstofflast mitführen können. Vollbetankt haben demnach zwei Seezielraketen YJ-83K, aber nur zwei Kurzstrecken-Luft-Luft-Raketen Platz und keine Luft-Luft-Raketen für größere Reichweiten, was ihre Luftkampffähigkeit stark behindert. Will man "anständige" Luft-Luft-Raketen ans Flugzeug packen geht das aber auf Kosten der Tankfüllung.

Angeblicher Zweck: schwimmendes Restaurant

Das Schiff, benannt nach einer chinesischen Provinz, ist im Grunde ein sowjetischer Träger der Admiral Kusnetzow-Klasse, der in den 1980ern gebaut, aber nie voll in Dienst gestellt wurde. Man nannte ihn später in "Varyag" um, er wechselte nach Auflösung der UdSSR in die Flotte der Ukraine, verfiel dort zusehends und wurde Ende der 1990er von einer Firma in Hongkong gekauft, die daraus angeblich ein schwimmendes Restaurant bauen wollte; nach der Ankunft in China gelangte das Schiff in Staatsbesitz und wurde von der Marine zum, wie erwähnt, ersten Träger des Landes aufgerüstet.

Luftverteidigungszone wird ignoriert

Nachdem die von China eingerichtete ADIZ in den vergangenen Tagen bereits von den USA ignoriert worden ist (zwei unbewaffnete B-52-Bomber flogen einfach durch), trat am Donnerstag auch Japan als "Eindringling" auf den Plan: Aufklärer der japanischen Luftwaffe flogen durch die ADIZ der Chiesen, später folgten auch südkoreanische Flugzeuge. Dabei sei es zu keinen Zwischenfällen gekommen, wie ein japanischer Regierungssprecher erklärte. Es habe sich um einen üblichen Patrouilleneinsatz gehandelt.

Zivile japanische Airlines weigern sich mittlerweile auch, den Chinesen, wie gefordert, ihre Flugpläne betreffend des umfehdeten Gebiets voranzukündigen.

Bei dem Gebiet handelt es sich um die - unbewohnte - Inselgruppe Senkaku (Chinesisch: Diaoyu), die seit Ende des 19. Jahrhunderts von Tokio kontrolliert wird und davor faktisch Niemandsland war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet von den USA verwaltet, ehe es in den 1970ern zurück an Japan ging.

Auch China erhebt Ansprüche auf die fisch- und ölreiche Gegend. Ende vergangener Woche hat China einseitig seine ADIZ eingerichtet, was von Ländern wie Japan, den USA, Südkorea und Australien stark kritisiert wurde.

(APA/dpa/Red.)

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