Bei der Standortfrage dreht sich alles ums Geld

Kriterien. Gute Infrastruktur, hohe Ausbildung, wenig Bürokratie? Alles wichtige Punkte, wenn es um den Standort geht. Das entscheidende Kriterium sind aber die Kosten, und hierbei am wichtigsten nach wie vor die Lohnkosten.

Wien. Beitrag zur Krankenversicherung, Beitrag zur Unfallversicherung, Beitrag zur Pensionsversicherung, Beitrag zur Arbeitslosenversicherung, Zuschlag laut Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, Arbeiterkammerumlage, Wohnbauförderungsbeitrag, Kommunalsteuer, Beitrag zur Mitarbeitervorsorgekassa, Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, Lohnsteuer. Und dann kommt erst der Nettolohn.

Es ist eine ganze Menge an Zuschlägen, Beiträgen und Steuern, die auf die Nettolöhne unter dem Stichwort „Lohnnebenkosten" aufgeschlagen werden. Laut Berechnungen der OECD machen diese Abgaben (jene auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite summiert) im Durchschnitt sogar fast die Hälfte der gesamten Lohnkosten aus. So landen von einem Euro, den ein Unternehmer an seine Angestellten bezahlt, im Schnitt nur 51,6 Cent auch tatsächlich auf dem Konto der Mitarbeiter. Dies sind um 13,1 Cent weniger als im internationalen Durchschnitt.

Spekulieren mit Abgaben

Natürlich sind viele dieser Abgaben sinnvoll und berechtigt. Wer stellt schon die allgemeine Kranken- oder Pensionsversicherung infrage? Bei manchen Punkten regt sich aber nicht nur bei den Unternehmern, sondern auch bei Ökonomen Kritik. So schlägt etwa der Wohnbauförderungsbeitrag mit einem Prozent zu Buche. Eingeführt wurde er, um den geförderten Wohnbau zu sponsern. Bereits hier kann diskutiert werden, ob dieser Beitrag wirklich die Lohnsumme erhöhen muss und nicht besser aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert werden sollte. Noch schlimmer wird die Sache jedoch angesichts des Umgangs der Länder mit dem Geld. Seit der Aufhebung der Zweckbindung wurde es etwa in Niederösterreich zum - missglückten - Spekulieren und in der Steiermark zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet.

Wichtig ist dies, da jegliche Lohnnebenkosten die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich schmälern, ohne dass die Beschäftigten im Land direkt etwas davon haben. Und auch wenn Österreich nie mehr durch billige Löhne wird punkten können - unterschätzen darf man die Bedeutung der Lohnkosten auch nicht.

Österreich wurde teurer

Entscheidend ist hier nämlich die relative Entwicklung zu ähnlichen Industrieländern - allen voran Deutschland. Wird Österreich im Verhältnis zu teuer, drohen Aufträge abzuwandern. In den vergangenen Jahren sah die Lage diesbezüglich nicht sonderlich rosig aus. So stiegen die Lohnkosten in Deutschland laut einer Studie von Fraunhofer Austria in den vergangenen zehn Jahren um 18 Prozent - hierzulande waren es 34 Prozent. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe vom 30.11.2013)

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