Umkehrhypotheken: Das Haus "verzehren" statt vererben?

Das Eigenheim zu Geld machen und trotzdem behalten: Mit bestimmten im Ausland angebotenen Kreditmodellen soll das möglich sein. Klingt gut, hat aber auch Nachteile.

Viele Eigenheimbesitzer kennen das Problem: Wenn der Kredit endlich abgestottert ist, verfügt man zwar der Papierform nach über ein ordentliches Vermögen. Denn dazu zählt ja auch der Wert der Immobilie. In der Kassa herrscht trotzdem Ebbe, auf dem Sparkonto auch.

Denn während der Kreditlaufzeit - womöglich zwanzig Jahre oder noch länger - ist kaum Geld übrig geblieben, das man hätte zurücklegen können. Alle guten Vorsätze, für die Altersvorsorge anzusparen, wurden damit obsolet.

Erst wenn man mit der Kreditrückzahlung fertig ist, kann man endlich anfangen, sich einen Sicherheitspolster aufzubauen. Später, im Ruhestand, bleibt durch das geringere Einkommen aber wieder wenig zum Sparen übrig. Braucht man irgendwann eine größere Summe, steht man vor dem Dilemma, dass man eigentlich das Haus, in dem man wohnt, verkaufen müsste. Oder neuerlich einen Kredit aufnehmen, den man als Pensionist aber schwerer und zu ungünstigeren Konditionen bekommt.

Vom Immobilienwert zehren

Weil das so ist, wurden - zuerst in den USA, später auch in einigen europäischen Ländern wie Großbritannien, Spanien oder Deutschland - Modelle entwickelt, die es Eigenheimbesitzern ermöglichen sollen, quasi vom Wert ihrer Immobilie zu zehren ("Immobilienverzehr"). Bekannt ist das unter Namen wie Umkehrhypothek, Reverse Mortgage oder Lifetime Mortgage. Oder auch als Immobilienrente - als monatliches Zubrot zur Pension.

Die rechtlichen Konstruktionen sind unterschiedlich. Oft handelt es sich gar nicht um eine echte Hypothek, sondern eine Art Leibrente, bei der man aber - anders als sonst bei Leibrentenverträgen üblich - das Wohnrecht in der Immobilie behält. Das Eigentum geht sofort auf den Anbieter über, das macht die Sache für den Rentenbezieher riskant. Denn sein Haus gehört ihm dann nicht mehr, und er hat keine Garantie, dass sein Vertragspartner auf lange Sicht seiner Zahlungspflicht nachkommt. Absichern könnte man sich höchstens, indem man sich nun seinerseits ein Pfandrecht an der Immobilie einräumen lässt. Nicht immer hat man außerdem Rente und Wohnrecht auf Lebenszeit: Es gibt auch Verträge, die das zeitlich begrenzen.

Auch bei Modellen mit Einmalzahlung gibt es Konstrukte, bei denen man die Immobilie sofort auf den Finanzierungsgeber übertragen muss. Bei einer "echten" Umkehrhypothek ist das nicht der Fall: Dabei handelt es sich um einen endfälligen Kredit, der mit der Immobilie besichert wird. Fällig wird er üblicherweise, wenn der Kreditnehmer aus seinem Eigenheim auszieht oder wenn er stirbt. Dann verwertet der Kreditgeber die Immobilie und deckt damit den Kredit samt Zinsen und Zinseszinsen ab. Sollte dann noch ein Überschuss bleiben, fällt dieser an den Kreditnehmer oder die Erben. Diese können den Kredit auch zurückzahlen und die Immobilie "auslösen".

Neben Verträgen auf Lebenszeit gibt es auch hier Varianten mit einer fixen Maximallaufzeit. Dann muss der Kreditnehmer irgendwann doch aus seinem Haus ausziehen - es sei denn, er kann den Kredit zurückzahlen.

Gegenüber der Leibrente hat die Kreditvariante den Vorteil, dass man Eigentümer seiner Immobilie bleibt. Überhaupt klingt es verlockend, auf diese Weise das Eigenheim behalten und gleichzeitig zu Geld machen zu können. Es gibt aber gravierende Nachteile - auch bei Verträgen auf Lebenszeit. Die Zinsen sind meist höher als bei Krediten mit fixer Laufzeit, vor allem aber bekommt man, weil ja für den Kreditgeber nicht absehbar ist, wie lange der Kredit laufen wird, nur einen Bruchteil des Verkehrswerts der Immobilie ausbezahlt. Denn durch den Wert des Hauses müssen Kreditbetrag, Zinsen und Zinseszinsen gedeckt sein.

Zulasten der Erben

Durch den Zinseszinseffekt kann der Rückzahlungsbetrag ins Uferlose wachsen - meist zulasten der Erben des Kreditnehmers, die dann durch die Finger schauen. Am ehesten eignen sich solche Modelle daher für Personen, die keine Erben haben (oder keine, denen sie etwas hinterlassen wollen). Oder für Menschen, die absehen können, dass sie irgendwann doch noch zur Rückzahlung in der Lage sein werden - etwa mit Geld aus einem Unternehmensverkauf, den sie vorerst noch aufschieben. Die Frage ist aber, ob sie dann nicht mit einem Kredit mit fixer Laufzeit besser fahren würden.

Ein weiterer Risikofaktor - auch für den Anbieter - ist, dass der Kreditbetrag (oder bei Immobilienrenten die Summe der geleisteten Rentenzahlungen) irgendwann den Wert der Immobilie übersteigen kann. Was dann passiert, ist je nach Vertragsgestaltung unterschiedlich. Entweder trägt der Anbieter das Risiko, oder er verlagert es auf den Kreditnehmer, indem er sich das Recht zum Ausstieg vorbehält. Theoretisch könnte es auch auf eine Versicherung ausgelagert werden - wenn sich dafür eine zu leistbaren Konditionen findet.

Ein echtes Reverse-Mortgage-Modell ist in Österreich (noch?) nicht auf dem Markt. Zumindest im Ergebnis vergleichbare Konstruktionen gibt bzw. gab es aber vereinzelt schon: in Form von endfälligen Krediten mit extrem langer, eventuell sogar mit nicht festgelegter Laufzeit. Der wesentliche Unterschied: Man bedient hier wenigstens die Zinsen, sodass der Zinseszinseffekt wegfällt.

Was Sie beachten sollten bei . . . Immobilienverzehrmodellen

Tipp 1

Leibrente. Sie ist auch zwischen Privatpersonen möglich. Dabei verkauft man eine Immobilie und bekommt statt eines Fixbetrages laufende Rentenzahlungen. Das Risiko ist für beide Seiten hoch: Der Käufer weiß nicht, wie lange er zahlen muss, der Verkäufer kann nicht absehen, ob der Käufer auf Dauer brav zahlen wird.

Tipp 2

Endfällige Hypothekarkredite mit sehr langer oder nicht festgelegter Laufzeit gibt es vereinzelt auf dem Markt. Man zahlt dabei laufend die Zinsen, die Rückzahlungspflicht verlagert man oft faktisch auf die Erben. Es sei denn, man rechnet mit einem Geldeingang, mit dem man den Kredit zurückzahlen kann.

Tipp 3

Umkehrhypothek. Dabei verpfändet man sein Haus für einen oft lebenslang gewährten Kredit, der später durch Verwertung der Immobilie zurückgezahlt werden soll. Klingt verlockend, ist aber (bei den bisher bekannten Modellen) teuer und meist nicht ohne Risiko. In Österreich gibt es derzeit keine Anbieter.

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