Linzer Swap: Finanzdirektor war überfordert

LINZER SWAP-PROZESS: PENN / MAYR / WEIXELBAUM
LINZER SWAP-PROZESS: PENN / MAYR / WEIXELBAUMAPA/RUBRA
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Prozess. Die Stadt Linz hat mit einem umstrittenen Swap Millionen versenkt. Ex-Finanzdirektor Penn räumt nun vor Gericht ein, dass er die Risikobewertung für den Swap nicht verstanden hat.

Linz. Wie dilettantisch in Linz Finanzgeschäfte abgeschlossen wurden, zeigte der am Montag begonnene Prozess gegen den ehemaligen Linzer Finanzdirektor Werner Penn und Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ). Beiden wird Untreue im Zusammenhang mit einem Swap vorgeworfen. Die Verluste aus den mit der Bawag abgeschlossenen Finanzgeschäften summieren sich auf über eine halbe Milliarde Euro.

Penn und Mayr drohen bis zu zehn Jahre Haft. Ein Urteil ist noch vor Weihnachten zu erwarten. Der frühere Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) muss sich nicht vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Linz fand keine Hinweise auf ein strafbares Verhalten von Dobusch.
Der Richter wollte vom früheren Finanzdirektor Penn wissen, wer die Verträge mit der Bawag rechtlich überprüft habe? „Niemand", so Penn. Nur er, so Penn, habe sich das Ganze angesehen. Andere Experten seien nicht hinzugezogen worden. Normalerweise gilt bei Verträgen ab einer bestimmten Größenordnung das Vier-Augen-Prinzip. Demnach hätte neben Penn auch sein Stellvertreter zustimmen sollen.

Doch Penn unterschrieb den Vertrag über den Swap 4175 allein. Der Richter legte dem früheren Finanzdirektor eine Risikobewertung für den Swap vor und fragte, ob er das verstanden habe. Nein, räumte Penn ein.
In dem Bericht an den Finanzausschuss des Gemeinderats wurde die Bewertung des Swaps nicht erwähnt. Denn er, so Penn, wollte gegenüber anderen nicht Rede und Antwort stehen, weil er ja die Bewertung nicht verstanden habe.

Was bedeutet "Schau amoi"?

Der Richter fragte, ob Penn mit seinem Privatvermögen auch so einen Swap abgeschlossen hätte. „Eher nicht", meinte der Angeklagte.
Die rechtliche Grundlage für den Swap sei für Penn ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2004 gewesen. Trotzdem wurde der Swap mit der Bawag erst 2007 fixiert. Der Richter wollte wissen, warum so viel Zeit vergangen sei. Penn: „2004 war ich noch nicht sattelfest." Der Richter: „Und waren Sie das 2007?" Penn: „Ich dachte schon." Der Richter weiter: „Und was glauben Sie jetzt?" - Penn: „Dass ich überfordert war." Später räumte der frühere Finanzdirektor ein, dass es für den Swap keine Ausstiegsstrategie gegeben habe.

Als Penn mit Finanzstadtrat Mayr über den Swap gesprochen habe, soll Mayr zu ihm gesagt haben: „Schau amoi." Für ihn, so Penn, habe sich das wie eine Zustimmung angehört. Doch der Richter sieht das anders. „Schau amoi" bedeutet für ihn „schau dir das an und reden wir nochmal".

Neben Penn hält sich auch Ex-Finanzstadtrat Mayr für nicht schuldig. „Doktor Mayr ist nicht Finanzexperte", sagte sein Anwalt am Montag. Ein Stadtrat müsse sich auf seine Fachbeamten verlassen. Nur weil Mayr Finanzstadtrat war, „ist er in diese Mühle hineingeraten", so der Anwalt. Doch das sei für die Anklage zu wenig.
Mayr schiebt die Verantwortung für den Swap auf Penn. Laut Anklageschrift soll es 2008 zwar ein Gespräch zwischen Mayr und Penn über den Swap gegeben haben. Doch dazu erklärte der Anwalt von Mayr, dass es unmöglich sei, in einem einzigen Gespräch die komplizierte Struktur des Finanzgeschäfts zu klären. Mayr war vergangenen Sommer als Finanzstadtrat zurückgetreten. Er arbeitet jetzt als Geschäftsführer einer SPÖ-Stiftung. Vor Gericht gab er sein Einkommen mit 8500 Euro brutto an. Wie hoch der Wert seines Vermögens sei, wollte der Richter wissen. Mayr: „Keine Ahnung." Penn ist noch immer Beamter und verdient netto 4300 Euro im Monat.

Bawag will von Linz 500 Mio.Euro

Neben dem Strafverfahren läuft parallel am Wiener Handelsgericht ein Zivilprozess. Denn die Bawag verlangt, dass Linz für die Kosten des Swap-Geschäfts von über einer halbe Milliarde Euro aufkommt. Das wäre für Linz der finanzielle Ruin. Im Falle einer Verurteilung von Penn und Mayr im Strafverfahren dürfte die Stadt Linz auch im Zivilprozess schlechte Karte haben.
Der Richter Andreas Pablik, der für das Verfahren am Wiener Handelsgericht zuständig ist, fuhr am Montag extra nach Linz, um sich die Aussage von Penn anzuhören.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2013)

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