Die Kims: Porträt eines Despotenclans

Jang Song-thaek mit seinem Neffen Kim Jong-un
Jang Song-thaek mit seinem Neffen Kim Jong-unREUTERS
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Diktator Kim Jong-un hat seinen mächtigen Onkel abgesägt, der ihn als graue Eminenz gestützt hat. Ob damit auch dessen Frau, die Tochter des Staatsgründers, in Ungnade gefallen ist, bleibt unklar.


Als Kim Jong-il in einem pompösen Begräbnis vor zwei Jahren in Pjöngjang zu Grabe getragen wurde, stand dessen Sohn Kim Jong-un, dem Neo-Diktator mit dem Babyspeck, ein Onkel zur Seite, der damit zur grauen Eminenz des Regimes aufstieg. Jang Song-thaek zählte als Ehemann der Schwester Kim Jong-ils - der Tochter des Staatsgründers Kim Il-sung - und somit Mitglied der Kim-Dynastie zum innersten Machtzirkel. Als Vertrauter Kim Jong-ils gerierte er sich auch als Mentor des jungen, unerfahrenen Kim und hielt anfangs die schützende Hand über ihn. Jetzt hat der Diktator ihn in einer überraschenden Volte abgesägt, er blieb angeblich jedoch unversehrt. Unklar ist nur, ob auch seine Frau, Kims Tante Kim Kyong-hui in Ungnade gefallen ist.

Die beiden wären indes nicht die ersten Opfer im Intrigennetz des Familienclans. Die chronische Vorliebe für westliche Konsumkultur, für Mickey Mouse und Donald Duck wurde letztlich auch dem Bruder des Jung-Diktators, Kim Jong-nam zum Verhängnis. Der älteste Sohn Kim Jong-ils brachte sich um jede Nachfolgechance in der nordkoreanischen Polit-Dynastie, als er 2001 unter falschem Namen und mit einem dominikanischen Pass nach Japan flog, um sich im Disneyland-Ableger in Tokio zu vergnügen.

Rückkehr aus Schweizer Internat

Damit war Kim Jong-nam aus dem Spiel, Kim Jong-il - selbst westlichen Konsumgenüssen nicht abhold - entzog dem Sohn seiner zweiten Frau vollends die Gunst. Für die Nachfolge im Familienunternehmen Kim waren bereits die Kinder aus seiner Verbindung mit einer dritten Konkubine, der japanischen Tänzerin Ko Jong Hui, ausersehen. Das Hauptaugenmerk galt dabei vor allem Kim Jong-un, dem jüngsten Sohn. Als Kim Jong-nam beim Feind womöglich in eine Intrige tappte, hatte der Vater seinen Jüngsten schon aus dem Schweizer Internat zurückbeordert und ihn zur Vorbereitung für höhere Weihen auf die Militärakademie nach Pjöngjang geschickt.

Der in Ungnade gefallene Kim Jong-nam soll heute angeblich in China leben, wo der 42-Jährige mit Kritik am Regime nicht hinter dem Berg hält. 2009 hatten ihn japanische Journalisten noch im Spielerparadies Macao angetroffen, der ehemaligen portugiesischen Enklave in China. Damals lebte er von einer jährlichen Apanage von einer halben Million Dollar.

Kim Jong-un erhielt wiederum den Vorzug gegenüber seinem älteren leiblichen Bruder Kim Jong-chol. Wie Un besuchte auch Chol die Schule in der Schweizer Hauptstadt Bern, und wie er teilte er auch dessen Faible für Comics und den Basketballklub Chicago Bulls. Der Vater hielt indessen den jüngeren Sohn für fähiger, die Diktatur in dritter Generation fortzuführen, die Kim Il-sung 1948 begründet hatte.

Machtduo

Je mehr sich der Gesundheitszustand des von Bluthochdruck, Diabetes und einer Reihe von Schlaganfällen gezeichneten Kim Jong-il verschlechterte, desto virulenter wurde die Nachfolgefrage. 2010 beförderte der Vater den "Thronfolger" kaum 26-jährig zum General - wie auch seine eigene Schwester, Kim Kyong Hui. Das Erbe war geregelt, und um die Dynastie abzusichern, stellte er dem Spross Tante und Onkel als Machtduo zur Seite. Kim Kyong-hui und ihr Mann Jang Song-thaek avancierten so nicht nur hinter den Kulissen zum mächtigsten Paar des Landes. Die Ökonomin hatte wichtige Funktionen in der Staatsindustrie inne und genoss das Vertrauen ihres Diktatorenbruders. Seinen Schwager Jang Song-taek betraute er mit dem Posten des Geheimdienstchefs, später rückte er ins Politbüro und - noch wichtiger - in die Nationale Verteidigungskommission auf, wo er schließlich zur Nummer zwei hinter Kim Jong-un aufstieg.

Alle Macht in Pjöngjang ist in den Händen des Kim-Clans gebündelt. Umso mehr, als der junge Kim den Generalstabschef Ri Jong-ho, den Chef der Leibwache seines Vaters, absetzte. Die Tante protegierte unterdessen die Wiederkehr des Wirtschaftsreformers Pak Pong-ju als Premier. Der Diktator denkt bereits selbst an die Fortsetzung der Familientradition. Er heiratete die Sängerin Ri Sol Jul, die im Sommer im modischen Chic an seiner Seite auftauchte. Über ein Kind wird vorerst nur gemunkelt.

Böses Schicksal für Kims Ex-Freundin

Eine Ex-Freundin Kim Jong-uns soll Gerüchten zufolge indessen die Nähe zum Diktator den Kopf gekostet haben. Die Sängerin Hyon Song-wol, mit der sich der junge Kim sogar einmal öffentlich zeigte, wurde angeblich wegen "Pornographie" in ein Straflager gesteckt und hingerichtet. Sie soll in Sexfilmen mitgespielt haben, die in China vertrieben wurden - und zudem eine Bibel besessen haben. Hyon galt als einer der größten Stars Nordkoreas. Dem Vernehmen nach verbot Kim Jong-il die Beziehung. Hyon heiratete einen Soldaten, was die Affäre zum jungen Kim allerdings nicht beendet haben soll. Später erkor Kim Jong-un eine andere Sängerin zur Frau.

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