Die verleugnete Angst vor Roma

Politische Heuchelei kurz vor der Öffnung des Arbeitsmarkts für Rumänien und Bulgarien.

Sozialtourismus“ ist eine perfide Wortkreation. Die Innenminister von Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Österreich argumentieren seit Monaten gegen das angebliche Ausnutzen ihres Sozialsystems durch Zuwanderer aus anderen EU-Staaten. In Großbritannien und Deutschland werden Forderungen laut, Zuwanderer aus der EU künftig bei Sozialleistungen schlechter zu stellen. Das suggeriert ein Problem der Freizügigkeit, das es laut veröffentlichten Zahlen bisher überhaupt nicht gibt.

Verlogen ist, dass alle vom selben reden, es aber nicht beim Namen nennen: Denn es geht nicht um schon aufgetretene Probleme. Es geht darum, dass mit 1. Jänner der Arbeitsmarkt für Rumänen und Bulgaren geöffnet wird, und um die Angst, dass dann Roma und Sinti in Massen ins Land strömen. Das könnte irgendwann tatsächlich geschehen, aber nicht wegen der Arbeitsmarktöffnung, sondern weil unter den EU-Staaten ein Wettbewerb der Verdrängung dieser Volksgruppe eingesetzt hat. Frankreich und Ungarn sind dabei Vorreiter.

Deshalb die Freizügigkeit, von der vor allem junge Menschen profitieren, einzuschränken, wird das Problem nicht lösen, aber einen Vorteil des Binnenmarkts beschädigen.

E-Mails an: wolfgang.boehm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2013)

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