Für den ÖVP-Vorstand sind sieben Punkte offen. Für Verhandler Lopatka mangelt es an Sparwillen im SPÖ-Verteidigungsministerium.
Wien. „Etwas ernüchtert“ war Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl. Eine Neuauflage einer rot-schwarzen Koalition sei „keine gemähte Wiese“, urteilte Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer. Die ÖVP kam am Freitagnachmittag bei der Sitzung des Bundesparteivorstands (siehe auch weitere Berichte) zu dem Schluss, dass noch sieben große Punkte vor einer Entscheidung über eine Fortsetzung der Regierung mit der SPÖ offen sind. Darunter sind Einsparungen im Budget, Bildung, Pensionen, Verwaltung und Privatisierungen.
„Damit ist in keiner Weise klar und fix, dass wir zu einem Abschluss kommen“, fasste Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger die Beratungen vor Journalisten ernüchtert zusammen. Über andere Koalitionen sei im Vorstand nicht gesprochen worden. Der Tiroler ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter plädiert aber dennoch für einen Abschluss bis Weihnachten.
Burgenlands Landeschef Hans Niessl (SPÖ) warnte die ÖVP vorsorglich: Neuwahlen würden jener Partei schaden, die diese ausrufe. Am kommenden Donnerstag beraten die SPÖ-Gewerkschafter. Die SPÖ-Führung mit Kanzler Werner Faymann peilt einen Abschluss mit der ÖVP bis kommenden Freitag an.
16 Vertreter bei der Nato
Vor einem Treffen der Finanzverhandler von SPÖ und ÖVP am heutigen Samstag ist, wie der „Presse“ geschildert wurde, ÖVP-Verhandler Staatssekretär Reinhold Lopatka mit Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) zusammengekracht. Der Grund sind die vielen österreichischen Militärattachés im Ausland. Für Lopatka ist dies ein Paradebeispiel, wo gespart werden könnte, ohne dass dies die Bevölkerung, wie von der SPÖ befürchtet, im täglichen Leben merkt.
In Summe bringen Kürzungen in diesem Bereich zwar nur wenige Millionen Euro, für die ÖVP ist das aber ein Musterbeispiel dafür, dass SPÖ-Regierungsmitglieder an veralteten und teuren Strukturen festhalten. Allein in Brüssel gebe es bei der Nato, in der Österreich gar nicht Mitglied ist, 16 entsandte Mitarbeiter, dazu kommen in Brüssel weitere acht Mitarbeiter des Verteidigungsressorts bei der EU.
2,3 Millionen Euro zu viel
Zum Vergleich: Das Innenministerium kommt nach den der „Presse“ vorliegenden Zahlen in Brüssel mit vier Attachés aus. Sonst gibt es jeweils nur einen Mitarbeiter des Innenressorts, obwohl mehr Aufgaben zu erledigen seien, darunter etwa die Prüfung von Dokumenten oder die Bekämpfung von Drogenhandel.
Lopatka hat sich für die Verhandlungen mit dem Verteidigungsminister mit einem Bericht des Rechnungshofs aus dem Jahr 2011 über die militärischen Vertretungen im Ausland gewappnet. Dieser hat damals ein Sparpotenzial von 2,3 Millionen Euro bei den Attachés des Verteidigungsministeriums festgestellt.
Der Fokus der Kritik des Kontrollorgans betraf die Überbesetzung der Heeresvertretungen bei Nato und EU und die Praxis, dass auch beigeordnete Verteidigungsattachés entsandt wurden. Für die Prüfer war dieser hohe Bedarf nicht nachvollziehbar. Insgesamt waren nach einer Liste, die dem Rechnungshof heuer am 1.August übermittelt wurde, an den ausländischen Vertretungen 174 Fremdattachés im Einsatz, allein 80 davon aus dem Verteidigungsministerium. (ett)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2013)