Linz-Swap: Eine Milliarde Euro als Verlustpotenzial

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Bei einer Euro-Franken-Parität hätte sich der Swap-Verlust für Linz auf eine Milliarde Euro erhöht. Für Linz sei ein Finanzprodukt mit diesem Zerstörungspotenzial „kaum beherrschbar“ gewesen, kritisiert Gutachter Christian Imo.

Linz. Der von der Stadt Linz bei der Bawag abgeschlossene Swap sei „in hohem Maß intransparent, hochspekulativ und kaum beherrschbar“ gewesen. Das sagte der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter Christian Imo am Montag im Linzer Strafprozess. Angeklagt sind der frühere Linzer Finanzdirektor Werner Penn und Ex-Stadtrat Johann Mayr (SPÖ) wegen Untreue. Beide bestreiten alle Vorwürfe. Die Aussagen von Imo sind wichtig, weil sich Gerichte bei komplexen Themen oft auf Gutachter verlassen.

Imo nahm in monatelanger Detailarbeit den Swap unter die Lupe. Seinen Angaben zufolge soll das Produkt nicht erst seit der Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern schon beim Geschäftsabschluss im Jahr 2007 einen negativen Wert gehabt haben. Das bedeutet im Klartext: Der Preis sei für Linz schon zu Vertragsabschluss nicht „fair“ gewesen, betonte Imo.

Da das Produkt auch exotische Optionen beinhaltet habe, sei das Verlustpotenzial für Linz „enorm“ gewesen. Bei einer Parität von Euro und Schweizer Franken wäre der Verlust bei einer Milliarde Euro gelegen. Der Gutachter bezifferte das Chancen-Risiko-Potenzial für die Stadt mit bis zu 1:14.

Wer zahlt 500 Mio. Euro?

Nachdem Linz die Zahlungen an die Bawag einstellte, kündigte die Bank den Swap. Beide Vertragsparteien streiten sich nun vor dem Wiener Handelsgericht, wer für den Schaden von über 500 Millionen Euro aufkommen soll.

Das Geschäft mit der Bawag schloss der frühere Linzer Finanzdirektor Penn ab. Penn sei eine „Ein-Mann-Show“ gewesen, sagte Imo. Der Gutachter hält es für ausgeschlossen, dass eine normale Stadt wie Linz ein so komplexes Produkt professionell managen kann. Dazu hätte Linz eine professionelle Infrastruktur benötigt. „Es geht hier um komplexe Angelegenheiten, die nur von wenigen Experten richtig gemanagt werden können“, so der Gutachter.

Doch Linz habe nur über die „rudimentärsten Anforderungen“ verfügt, um den Swap laufend kontrollieren zu können. Nicht einmal die Bawag soll laut Imo das Produkt richtig bewertet haben. Denn in den Bewertungen der Bank sei nicht berücksichtigt worden, dass der Swap auch exotische Optionen beinhalte. Imos Angaben zufolge hätte der Linzer Finanzdirektor Penn unmöglich erkennen können, dass die Bawag das Produkt nicht richtig bewertet habe. Ein solches Finanzgeschäft hätte ohnehin nur zwischen Profis ausgetauscht werden sollen.

Anhand einer Tabelle rechnete Imo das Gewinn- und Verlustpotenzial für Linz vor. Zu Vertragsabschluss im Jahr 2007 lag der Euro-Franken-Kurs bei 1,62. Wäre der Kurs zehn Jahre lang gleich geblieben, hätte Linz einen Gewinn von 27 Millionen Euro erzielt. Als „Worst Case“ gab der damalige Linzer Finanzdirektor Penn einen Euro-Franken-Kurs von 1,45 an. Das hätte Linz fünf bis sechs Millionen Euro gekostet. Doch im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise befand sich der Kurs im freien Fall. Nur mit Mühe konnte die Schweizer Nationalbank den Euro-Franken-Kurs bei 1,20 halten.

Am Mittwoch muss das Gericht über einige Beweisanträge entscheiden. Kommt es zu keinen Verzögerungen, könnte es schon an diesem Tag ein Urteil geben. Vorsorglich hat das Gericht zwei Reservetermine in der nächsten Woche eingeplant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2013)

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