Nordkorea: Ließ Kim seinen Onkel töten?

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Das Staatsfernsehen des kommunistischen Landes zeigte nun Aufnahmen der Verhaftung des Onkels von Kim Jong-un.

Peking. Familienzwist mit Onkel Jang hat es auch vorher schon gegeben. 2006 wollte der heute 67-jährige Jang Song-thaek schon einmal nach Nordkoreas Macht greifen. Als Vizechef der Militärkommission war er damals bereits die Nummer zwei im Staate. Doch sein Schwager, der inzwischen verstorbene Diktator Kim Jong-il, wusste es zu verhindern – und stellte ihn für einige Wochen unter Hausarrest. Der alte Kim verzieh ihm, schließlich war Jang der Mann seiner Schwester. Wenig später war Jang wieder im Amt. Nun stürzt ihn sein Neffe.

Nordkoreas Staatsfernsehen hat am Montag die Absetzung des einflussreichen Onkels von Diktator Kim Jong-un bestätigt. Gerüchten aus Südkorea zufolge soll Jang gemeinsam mit anderen entmachteten Gefolgsleuten bereits hingerichtet worden sein. Vorgeworfen wurde Jang so ziemlich alles, was in Nordkorea als verrufen gilt: Drogenkonsum, Verschwendung, Korruption, unzüchtiger Umgang mit mehreren Frauen, Verschwendung von Devisen in ausländischen Kasinos und „konterrevolutionäre Umtriebe“. Befehle des „Oberkommandanten der Volksarmee“ soll er auch ignoriert haben. Dabei war er selbst der zweithöchste Kommandant der Truppen.
Das Staatsfernsehen zeigte, wie er von Polizisten aus einem Sitzungssaal abgeführt wird. Der südkoreanische Geheimdienst hatte bereits vor einer Woche von Jangs Absetzung berichtet. Doch erst seit Montag ist es offiziell.

Ein Herz und eine Seele

Als der etwa 30 Jahre alte Kim Jong-un vor zwei Jahren von seinem kurz zuvor verstorbenen Vater die Herrschaft übernahm, wirkten der junge Kim und sein Onkel noch wie ein Herz und eine Seele. Als graue Eminenz hatte Jang großen Einfluss auf den kommunistischen Apparat. Er soll seinen Neffen eingearbeitet haben.

Gemeinsam wollten sie den letzten noch verbliebenen Stalinistenstaat wenn vielleicht nicht politisch, so doch zumindest wirtschaftlich öffnen – wie einst China vor 30 Jahren. Jang war zu diesem Zweck mehrfach zum großen Nachbarn gereist, um sich beraten zu lassen. Er wurde bereits als großer Reformer gefeiert. Doch offensichtlich ist Jang dem jungen Kim zu mächtig geworden.

Machtkampf via Staats-TV

Kim habe sich in den vergangenen Jahren eine solide Machtbasis aufgebaut und brauche keinen Aufpasser mehr, meint der Nordkorea-Experte Paik Hak-soon vom Sejong-Institut im südkoreanischen Seoul. Das südkoreanische Verteidigungsministerium spricht indessen von einem „historischem Novum“. Bislang hätten die nordkoreanischen Spitzenkader ihre internen Machtkämpfe stets hinter verschlossenen Türen ausgefochten. Die Ausstrahlung im Staatsfernsehen sei eine Premiere.

Dass es überhaupt zum Bruch zwischen Onkel und Neffe gekommen ist, dürfte für die meisten Nordkoreaner keine gute Nachricht sein. Zwar hat Jungdiktator Kim in den vergangenen Wochen immer wieder beteuert, er wolle sein Land ausländischen Investoren öffnen und für Wohlstand in dem völlig verarmten Land sorgen. Aber ohne die Unterstützung seines Onkels schwinden die Hoffnungen darauf; anders als Jang hat Kim keine Ahnung von Wirtschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2013)

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