Vier US-Präsidenten finden es der Mühe wert, zum Staatsakt für Nelson Mandela nach Südafrika zu reisen. Österreichs Spitzen haben wichtigeres zu tun.
Wir befinden uns im Jahre 2013 a. D. Die ganze Welt ist zu Gast in Südafrika, um von Nelson Mandela Abschied zu nehmen. Die ganze Welt? Nein! Ein von unbeugsamen Älplern bevölkertes Land hört nicht auf, der Trauerfeier Widerstand zu leisten.
Mit Mandela habe die Welt einen „Staatsmann von epochaler Größe" verloren, stimmte Bundespräsident Heinz Fischer vergangene Woche in die weltweiten Beileidsbekundungen ein. Nun, offenbar nicht epochal genug, denn man wird ihn beim Staatsakt in Südafrika heute nicht sehen. Mandelas Tod mache ihn betroffen, ließ sich Kanzler Werner Faymann vernehmen. Nun, offenbar nicht betroffen genug, um zur heutigen Trauerfeier anzureisen. Eine „tiefe Lücke" reiße das Ableben des Friedensnobelpreisträgers, erklärte schließlich Außenminister Michael Spindelegger. Nun, offenbar nicht tief genug, denn sonst würde zumindest er den Weg nach Johannesburg finden.
Schuld können da eigentlich nur die Wiener Koalitionsverhandlungen sein. Da ist man dann sogar für einen Tag unabkömmlich, wer weiß, was dem Regierungspartner in spe in der Zwischenzeit alles einfällt. Und falls es just am Dienstag zu einem Durchbruch gekommen wäre, musste ja auch Fischer in Wien anwesend sein, um über diesem zu präsidieren. Die Präsidentschaftskanzlei ist wenigstens so ehrlich, die Verhandlungen, die sich "im Endstadium" befänden - was immer das bedeuten mag - als Grund zu nennen.
Doch halt, nicht so voreilig: So einfach stiehlt sich Österreich nicht aus der Affäre. Bundesratspräsident Reinhard Todt, der dritte Mann im Staate (Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die Nummer zwei, weilt dienstlich in Kroatien), wird kommen. Leider hat er, wie der „Kurier" berichtete, aber am Dienstag noch so viele wichtige Amtsgeschäfte zu bewältigen, etwa den Besuch des marokkanischen Senatspräsidenten in Wien - die Bedeutung der österreichisch-marokkanischen Beziehungen können gar nicht überschätzt werden -, sodass er erst am Mittwoch in Südafrika zugegen sein wird. Da ist die Trauerfeier in Johannesburg halt leider schon wieder vorbei. Zumindest in Pretoria gehen die Zeremonien noch drei Tage lang weiter.
Aber vielleicht ist es einfach eine Frage der Perspektive: Wenn die Welt so sehnlich auf die österreichische Koalition wartet, wäre es schlicht unhöflich, die Welt warten zu lassen. Was würde denn das für eine Optik machen?