Mariahilfer Straße: So läuft die Befragung

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SPÖ und Grüne feilschen um die letzten Details, darum, welche Fragen rund um die Verkehrsberuhigung gestellt werden, ob neben Anrainern auch Geschäftsleute abstimmen und ob auch EU-Ausländer mitreden dürfen.

Wien. Im März 2014 soll es so weit sein – dann wird darüber abgestimmt, wie es mit der verkehrsberuhigten Mariahilfer Straße weitergehen soll. Die konkreten Fragen und diverse Details sind zwar noch nicht endgültig fixiert, doch ist mittlerweile durchgedrungen, in welche Richtung es gehen soll. Wobei die Rahmenbedingungen für die Befragung frühestens am Freitag bei einer Sitzung des Wiener Gemeinderats beschlossen werden. Im Folgenden einige der wichtigsten Entscheidungsgrundlagen.

1. Worüber wird bei der Befragung zur Mariahilfer Straße überhaupt abgestimmt?

Abgefragt werden (sinngemäß) drei Bereiche. „Sind Sie für eine Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße mit Querungen für den Individualverkehr?“, dürfte die erste Frage lauten. Falls „Ja“ angekreuzt wird, lautet die nächste Frage: „Sind Sie für eine Fußgängerzone mit Radverkehr?“ Die dritte Frage ist die Option, das gesamte Projekt zu Fall zu bringen: „Sind Sie für den Rückbau in den ursprünglichen Zustand?“

Diese Informationen sind bereits durchgedrungen, die genaue Formulierung der Fragen war am Dienstag aber noch offen. Im Rathaus ist allerdings zu hören, dass die Causa mittlerweile zur Chefsache erhoben wurde – Bürgermeister Michael Häupl (SP) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) müssen also in einem Vieraugengespräch die endgültige Formulierung der Fragen freigeben. Der Grund des Feilschens: Die Formulierung der Fragen kann das Ergebnis massiv beeinflussen – und SPÖ und Grüne haben zum Teil unterschiedliche Vorstellungen. So wollen die Sozialdemokraten etwa mehr Querungen und dafür Radfahrer aus der Fußgängerzone verbannen, die Grünen wollen das Gegenteil.

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Zur Umfrage: Wie soll es mit der Mariahilfer Straße weitergehen?

2. Wer wird bei der Befragung seine Stimme abgeben können?

Klar ist, dass die Befragung nur in den Anrainerbezirken Mariahilf und Neubau abgehalten wird. Der genaue Kreis der Befragten hängt unter anderem von der rechtlichen Konstruktion der Befragung ab – grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: zum einen eine Befragung, wie sie etwa der 13. und der 18.Bezirk zum Thema Parkpickerl durchgeführt haben. Bei einer solchen Konstruktion kann der Bezirk den Kreis der Befragten selbst definieren. In Hietzing und Währing grenzte man sie auf Hauptwohnsitzer ein – weil auch nur sie ein Anrecht auf ein Parkpickerl haben. Als zweite Möglichkeit könnte auch mit dem rechtlichen Konstrukt einer Volksbefragung gearbeitet werden – dann wären in beiden Bezirken nur österreichische Staatsbürger stimmberechtigt. Derzeit deutet aber alles darauf hin, dass sich Rot und Grün auf eine Befragung durch die Bezirke einigen werden. Eine Einschränkung auf ein Mindestalter wie bei Wahlen (16 Jahre) ist aber in jedem Fall wahrscheinlich.

3. Dürfen auch EU-Ausländer und Geschäftsleute über die Mariahilfer Straße abstimmen?

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden zumindest EU-Ausländer das dürfen. Vor allem die Grünen setzen sich dafür ein – auch mit dem Kalkül, dass es sich um vermehrt jüngere Menschen handelt (etwa deutsche Studenten), die sich mit der Verkehrsberuhigung eher anfreunden können. Gewicht hätte die Gruppe in jedem Fall: Laut Statistik Austria stellen EU-Bürger in Mariahilf und Neubau je rund 15 Prozent der Wahlberechtigten. Die SPÖ stellt sich dem Ansinnen prinzipiell nicht entgegen – schließlich sind EU-Bürger auch bei Bezirksvertretungswahlen stimmberechtigt. Dass Geschäftsleute auf der Mariahilfer Straße abstimmen dürfen, gilt derzeit aber als unwahrscheinlich. Vor allem vonseiten der Grünen kommt Gegenwind, denn insbesondere jene Kaufleute, die dem ÖVP-Wirtschaftsbund nahestehen, haben in der Vergangenheit massiv Stimmung gegen den Umbau gemacht.

4. Auf welche Art wird die Befragung durchgeführt werden?

Voraussichtlich wird jeder Bewohner einen Brief samt Fragebogen bekommen, den er innerhalb einer gewissen Frist zurücksenden kann. Als Basis dürfte das Melderegister dienen, das auch für den Versand der Wählerinformation herangezogen wird. Der Stichtag, seit dem jemand im Bezirk gemeldet sein muss, wird erst festgelegt. Die Befragung würde sich damit an der Parkpickerl-Befragung in Hietzing und Währing orientieren. Im Gegensatz zu diesen Beispielen würde aber nicht der Bezirk, sondern die MA62 (Wahlreferat) die Befragung organisieren.

5. Wird das Ergebnis der Befragung rechtlich bindend sein?

Dass die Details am Freitag im Gemeinderat abgesegnet werden sollen, ist rechtlich unnötig – die Bezirke könnten jederzeit eine solche Umfrage von sich aus machen. Es ist aber ein politisches Signal bzw. kann die Stadt mit einem Beschluss die Finanzierung anstelle der Bezirke übernehmen. Bindend ist die Befragung aus rechtlicher Sicht nicht. Aus politischer Sicht kann es sich aber die rot-grüne Koalition nicht leisten, das Bürgervotum nicht anzuerkennen – und hat das auch nicht vor. Vor allem aus Sicht der Grünen, die das Projekt massiv angetrieben haben, wäre ein Scheitern eine Niederlage. Mit der Option, dass die Bewohner die Verkehrsberuhigung ablehnen können, haben sie sich aber eine Exitstrategie zurechtgelegt: Man hat etwas Neues probiert. Und die Bürger werden anhand ihrer eigenen Erfahrungen darüber befragt, was sie davon halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2013)

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