WU-Chef Badelt: "Ich beginne jetzt, den Spieß umzudrehen"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Auflösung des Uni-Ministeriums sei enttäuschend. Der WU-Chef appelliert an Mitterlehner und hofft trotz allem auf positive Effekte.

Es wurde immer wieder kolportiert, jetzt ist es tatsächlich passiert: In den kommenden fünf Jahren wird es kein eigenes Wissenschaftsminsiterium geben. Was haben Sie sich gestern gedacht, als Sie das erfahren haben?
Christoph Badelt: Ich hatte in der Zwischenzeit tatsächlich gehofft, dass dieses Thema vom Tisch sei, und war dann entsprechend enttäuscht, dass es doch zu einer Auflösung des Ministeriums kommt. Von der Symbolik her ist das ganz schlimm.

Was sagt das aus über die Regierung? Es wird immer wieder gepredigt, wie wichtig Wissenschaft und Forschung seien. Und jetzt auf einmal wird ein komplettes Ministerium eingestampft?
Genau das ist der Punkt. Ich glaube, dass die Wissenschafts- und die Universitätspolitik in den österreichischen Machtzentren keine ausreichende Verankerung hat. Sie wird einfach nicht wichtig genug genommen. Und das ist für mich die Folge davon. Andererseits muss man sagen, wenn die Entscheidung jetzt so gefallen ist, kann man nur hoffen, dass sie sich ins Positive verdreht.

Sie schließen sich also nicht dem Appell Ihres Kollegen Schmidinger an, wonach Präsident Heinz Fischer keine Regierung ohne Uni-Ministerium angeloben solle?
Der Appell ist ein politischer Ausdruck der Verzweiflung, die wir alle teilen. Gleichzeitig sind die politischen Entscheidungen jetzt offensichtlich so gefallen. Und daher beginne ich jetzt, den Spieß umzudrehen und zu hoffen, dass sich das für die Unis positiv auswirken könnte.

Was erwarten Sie sich, was wird das für die Unis bedeuten?
Ich erhoffe mir natürlich, nachdem der Herr Mitterlehner ein Vollprofi ist, dass er dieses Thema ernst nimmt und sich auch zum Anwalt der Universitäten und der Wissenschaft macht. Ich wünsche mir, dass er die Universitäten wirklich zu seinem Thema macht – und damit mehr in das Machtzentrum der Republik rückt. Wir haben immer kritisiert, dass die Wissenschaft nicht im Zentrum der Macht steht, die Wirtschaft steht aber im Zentrum. Das hoffe ich, es ist auch gewissermaßen eine Aufforderung an den Herrn Mitterlehner.

Hätten Sie sich für den Herrn Töchterle eine zweite Amtszeit gewünscht?
Ich glaube, dass er unterm Strich seine Arbeit gut gemacht hat. Aber es geht jetzt nicht um Personen, sondern um die Sache.

Wenn wir schon bei der Sache sind: Steht im Koalitionspapier irgendetwas, was Sie zuversichtlich stimmt?
Die Version, die ich kenne, ist sehr enttäuschend, weil eigentlich keines der wirklich großen Themen darin verbindlich gelöst ist.

Das heißt, in den kommenden fünf Jahren, wenn man von dem Koalitionspapier ausgeht, wird es für die Unis eher bergab als bergauf gehen.
Das Papier würde mich nicht optimistisch machen. Aber ich kann natürlich hoffen, und Sie merken, ich übe mich hier in Zweckoptimismus – und da geht es nicht um einen Mediengag. Ich versuche, die Entscheidung irgendwie so zu nutzen, dass etwas Besseres dabei herauskommt.

Ein Professor wird Ihnen an der WU demnächst abhanden kommen: Wolfgang Brandstetter wird Justizminister. Was sagen Sie dazu?
Ich finde das toll. Und ich sehe das nicht nur als eine Auszeichnung seiner Person, sondern auch als Erfolg für eine Universität, die Wert darauf legt, gute Wissenschaftler zu haben, die auch relevante Arbeit für die Praxis anbieten können.

Zur Person

Christoph Badelt (62) ist seit 2002 Rektor der Wiener Wirtschaftsuni. Er wurde in den vergangenen Jahren selbst mehrmals als Wissenschaftsminister gehandelt.

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