Rechtlich betrachtet: Die Hürden zum Wunschbaby

Das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz gilt im Europavergleich als strikt und ist seit Jahren umstritten. Was sind die wichtigsten Streitfragen?

Eine Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes wird seit Jahren eingefordert. Im Juli 2012 hat die Bioethikkommission, die den Kanzler berät, mit Mehrheitsvotum empfohlen, das Gesetz aus dem Jahr 1992 zu liberalisieren. Nun wird ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes erwartet – ob nämlich der Ausschluss lesbischer Paare von reproduktionsmedizinischen Angeboten verfassungswidrig ist. Würden die „Hüter der Verfassung“ das Verbot beanstanden, müsste zumindest dieser Paragraf geändert werden. Doch viele hoffen auf eine umfassende Reform.

Doch über die einzelnen Punkte einer möglichen Reform herrscht seit Jahren ein erbitterter Streit zwischen jenen, die davor warnen, dass die Reproduktionsmedizin bald alles machen würde, was möglich sei, und jenen, die meinen, dass mögliche Risken des Fortschritts durch Regelungen vermindert werden könnten und der Ausschluss gewisser Gruppen diskriminierend sei. Zur ersten Fraktion gehören etwa kirchliche Kreise, zur zweiten die Mehrheit der Bioethikkommission, aber auch SPÖ und Grüne.

Einer der Streitpunkte ist die Samenspende: Sie ist in Österreich erlaubt, wenn Sperma des Spenders direkt in den Genitaltrakt der Empfängerin injiziert und nicht zur Befruchtung im Reagenzglas herangezogen wird (künstliche Befruchtung). Dieses Verbot sollte laut Bioethikkommission fallen: Wenn die Samenspende schon erlaubt sei, müsste sie wohl auch für die künstliche Befruchtung zugelassen sein. Gegner innerhalb des Gremiums wenden aber ein, dass die Samenspende nur deshalb erlaubt sei, weil sie leicht durchführbar ist (siehe private Samenspende) und der Gesetzgeber einen rechtlichen Rahmen wollte, nicht aber, weil er damit die „geteilte Elternschaft“ – dass es einen sozialen und biologischen Elternteil gibt – billigen wollte.

Befürworter einer Liberalisierung haben damit aber kein Problem und verweisen auf Studien, die besagen, dass sich Familien, deren Kinder durch eine Samen- oder Eizellspende gezeugt wurden, genauso gut entwickeln wie herkömmliche. Daher fordert die Mehrheit der Bioethikkommission auch die Zulassung der Eizellspende, die derzeit verboten ist.


Gefahr bei Eizellspende. Doch hier kommt ein medizinisches Problem hinzu. Die Eizellspende ist, anders als die Samenspende, sowohl für die Spenderin als auch für die Empfängerin mit medizinischen Risken verbunden. So ist der Prozess, um Eizellen zu gewinnen, aufwendig, und Schwangerschaften bei Frauen jenseits der Wechseljahre nach Eizellspende sind komplikationsreicher. Für Christian Egarter, Leiter der Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am AKH Wien, sollte die Eizellspende daher mit Beschränkungen eingeführt werden, etwa mit einem Alterslimit für Empfängerinnen. Ebenso sollten Regelungen getroffen werden, die eine Ausbeutung der Spenderinnen verhindern und den Kindern das Recht einräumen, Informationen über ihre genetische Mutter zu erhalten.

Bei der Frage, ob auch lesbischen Paaren und alleinstehenden Frauen die Türen der Kinderwunschkliniken offen stehen sollen, geht es vor allem um das Kindeswohl. Befürworter wie die Bioethikkommission zitieren zahlreiche Studien, die aufzeigen, dass nicht die Familienkonstellation entscheidend sei, sondern die Qualität der Beziehungen. Gegnern hingegen reicht die Studienlage nicht – sie argumentieren, dass Befragte möglicherweise sozial erwünschte Antworten geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2013)

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