Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding, wissen wir nicht erst seit Hofmannsthal. Wer sie beispielsweise stillstehen sehen will, dem kann dieser Tage ein Besuch des Wiener Riesenrads empfohlen werden.
Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding, wissen wir nicht erst seit Hofmannsthal. Wer sie beispielsweise stillstehen sehen will, dem kann dieser Tage ein Besuch des Wiener Riesenrads empfohlen werden: Die Fläche davor, vormals Kaiserwiese genannt, präsentiert sich seit bald drei Monaten dem Aussehen nach als Wildschweinsuhle. Jene Leser, die meinen Mittwoch begleiten, werden sich vielleicht an meine Hinweise dazu vor acht Wochen erinnern. Die Spuren freilich, die das Wiener Wies'n-Fest vergangenen September in die Grasnarbe gerissen hat, sind noch immer so unverwischt wie am ersten Tag.
Was jetzt nicht grün ist, wird's so bald nicht mehr, und also werden Wien-Besucher bis weit ins kommende Frühjahr hinein zu warten haben, wollen sie das Riesenrad nicht nur auf Ansichtskarten so sehen, wie man's weltweit zu sehen gewohnt ist: mit gepflegtem Rasen davor, nicht mit einem braungrauen Dreckpfuhl als optischem Entree. Und dann sollten sie sich sputen, denn kaum wird sich wieder ein bisserl sattgrüne Kaiserlichkeit vor dem Riesenrad ausgebreitet haben, wird das nächste Wies'n-Fest ihm gleich wieder den Garaus machen. Vielleicht sollte man unter diesen Auspizien die Kaiserwiese im Sinn besserer Vermarktbarkeit gleich asphaltieren. Um den schönen Ansichtskartenschein zu wahren, könnte man sie ja anschließend mit Kunstrasen belegen oder wenigstens grün anstreichen . . .
Im Ernst: Verantwortlich für den Pallawatsch ist weder Russenmafia noch sonst wer, der hierzulande an allem schuld ist, sondern die „Prater Service GmbH“, die das, was früher einmal Kaiserwiese war, vermieten darf. Die wiederum ist ein Unternehmen der Stadt Wien. Und so sehr ich es zu schätzen weiß, in einer Stadt zu leben, die ab und zu etwas unternimmt: Wäre es nicht wunderbar, würde dieses Unternehmen auch alles unternehmen, was in seinem Geschäftsfeld nötig ist? Oder besteht dieses Geschäftsfeld allein darin, die Einkünfte aus der Vermietung der Wildschweinsuhle, vormals Kaiserwiese, einzustreifen, ohne sich um das Danach kümmern zu müssen?
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)