Österreichs kleiner Bruder von Botox

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Familienbetrieb Croma Pharma boxt sich mit natürlichen Anti-Falten-Mitteln ins Rampenlicht und wächst dabei so schnell, dass er mit dem Bau seiner Werke und Büros nicht mehr nachkommt.

Korneuburg. Ein wenig unangenehm ist es Andreas Prinz schon. „Unser wunderbares Kunstwerk haben Sie ja gesehen“, sagt der Hälfteeigentümer und Ko-Chef von Croma Pharma zur Begrüßung scherzend. Und tatsächlich, wer die Zentrale eines der erfolgreichsten Pharmaunternehmen Österreichs sucht, traut seinen Augen kaum. Die meisten der 240 heimischen Croma-Angestellten arbeiten und forschen nämlich in einem von dreißig Containern, die verstreut im Industriegebiet Korneuburgs liegen.

Das Familienunternehmen ist Opfer seines Erfolges. „Wir sind immer schneller gewachsen als wir Häuser bauen konnten“, entschuldigt sich Prinz, der den elterlichen Betrieb heute mit Bruder Martin führt. So habe man eben da gespart, wo es dem Geschäft noch am wenigsten schade: bei den Büros. Dem Erfolg des Unternehmens hat das nicht geschadet. Croma Pharma entwickelte sich aus dem Containerdorf zu einer der weltweit führenden Firmen in seiner Nische in der Augenheilkunde, der Orthopädie und der kosmetischen Medizin. Eine Million Spritzen für die kosmetische Medizin hat die Firma im Vorjahr hier hergestellt. Doppelt so viele hätte sie verkaufen können.

Auf einen Schlag verdoppelt

Dieses „Problem“ verfolgt Croma Pharma seit der Gründung. Im Jahr 1976 entschied sich das Apothekerpaar Karin und Gerhard Prinz, auf eigene Faust Pharmazeutika zu vertreiben. „Die kleine Apotheke hat immer nur einen getragen“, erinnert sich der Gründer. Allzu viele Firmen waren anfangs nicht begeistert von der Idee, sich von einem Einmannbetrieb vertreten zu lassen. So blieb ihm schon damals nur die Nische: Er startete mit Präparaten für Alkoholentwöhnung – die heute noch im Sortiment sind.

Der wirklich große Sprung kam Ende der 1980er, als der Gründer sich entschloss, auf die Produzentenseite zu wechseln. Erstmals bot er Präparate für die Augenheilkunde aus eigener Fertigung an, hergestellt in einem 20 Quadratmeter kleinen Reinraum im Hinterzimmer der Apotheke. In den ersten Monaten gingen Bestellungen für 300.000 Stück ein – und die ewige Suche nach mehr Platz begann.

Daran hat sich nur wenig geändert. Bis Mitte der Nullerjahre baute das Unternehmen unzählige Vertriebstöchter und einen Produktionsstandort in Polen auf. Wenig später kaufte Croma Pharma die Augenheilsparte von Corneal. Ein Unternehmen mit 28 Mio. Euro Umsatz und 200 Mitarbeitern. „Wir haben uns auf einen Schlag verdoppelt“, so Prinz. Heuer liegt Croma Pharma bei 480 Mitarbeitern und 76 Mio. Euro Umsatz. Das „Gold“ im Unternehmen heißt seit jeher Hyaluronsäure. Die körpereigene Substanz ist in fast allen Produkten enthalten. In Augentropfen nach Operationen des Grauen Stars ebenso wie als Ersatz für Gelenksflüssigkeit oder in der kosmetischen Medizin. Dieser dritte und jüngste Bereich wächst mit Abstand am schnellsten.

Neubau um 30 Millionen

Was Croma Pharma herstellt, ist so etwas wie der kleine, natürliche Bruder von Botox. Während das Nervengift Botox zur Glättung der Falten oberhalb der Augen verwendet wird, liefert Croma Pharma „natürliche“ Anti-Falten-Spritzen für die untere Gesichtshälfte, so Prinz. „Diese Produkte sind komplett irrational. Kaufkraft spielt keine Rolle.“ Um in Zukunft schneller wachsen zu können, soll der Bereich mit einem Partner als eigene Firma geführt werden. Denn „hier kann man mit Geld noch etwas bewegen“.

Zurück in die Apotheke will der Pharmazeut in vierter Generation in keinem Fall. „Forschen ist für mich einfach prickelnder als das Apothekergeschäft.“ Ganz vergessen hat er die Nöte der Kollegenschaft nicht. So ist auch er strikt dagegen, mehr Medikamente in den freien Verkauf zu bringen. Studien aus den USA würden zeigen, „dass jeder Dollar, der im freien Handel mit Medikamenten umgesetzt wird, 1,5 Dollar an Behandlung der Nebenwirkungen kostet“.

Die Brüder Prinz haben ganz andere Pläne: Die 102 Länder, in denen Croma Pharma tätig ist, reichen ihnen nicht. Sie wollen weiter expandieren und endlich ein repräsentatives Stammhaus und eine moderne Produktion in Korneuburg aufbauen. 30 Mio. Euro nimmt die Firma in die Hand, um die jährliche Produktion auf 13 Millionen Spritzen zu erweitern. Man wird sehen, wie lange das reicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2013)

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