Die Wirtschaftserholung verläuft sehr flach, weil staatliche Steuer- und Gebührenorgien die Lohnerhöhungen zur Gänze aufzehren.
Wien. Heuer stagniert die österreichische Wirtschaft, in den beiden kommenden Jahren wird es aber einen, wenn auch sehr verhaltenen Aufschwung geben, sagen die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS in ihrer gestern veröffentlichten Dezemberprognose voraus. Das Wifo erwartet für beide Jahre ein reales Wirtschaftswachstum von 1,7Prozent, das IHS glaubt, dass sich das Wachstum von 1,7Prozent im kommenden Jahr auf zwei Prozent im Jahr 2015 beschleunigen wird.
Jubelstimmung kommt aber nicht auf: Das Wachstum ist nicht nur zu schwach, um die weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit zu verhindern, es steht noch dazu auf sehr tönernen Füßen und kann jederzeit kippen. Wifo-Chef Karl Aiginger: „Das ist noch nicht das Ende der Krise. Wir haben es mit einem sehr labilen Wachstumspfad zu tun.“
Dass sich die Wirtschaft viel langsamer als erhofft erholt, hängt nach Ansicht der Wirtschaftsforscher hauptsächlich an der Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte. Die privaten Konsumausgaben sind heuer nämlich gesunken und werden in den kommenden beiden Jahren real nur um mickrige 0,9 bzw. ein Prozent ansteigen.
Warum das so ist, lässt sich an nebenstehender Grafik leicht ablesen: Trotz jährlicher Lohnsteigerungen von 0,9 bis 2,4Prozent in den vergangenen vier Jahren sind die Nettolöhne in dieser Zeit real permanent geschrumpft. Zum Teil recht deutlich. Und sie werden in den beiden kommenden Jahren trotz erwarteter nomineller Lohnerhöhungen jenseits der Zwei-Prozent-Marke bestenfalls stagnieren.
Daran ist nur zum Teil die derzeit ohnehin sehr niedrige Inflation schuld. Ein nicht unbeträchtlicher Teil entfällt auf die laufenden Steuer- und Gebührenerhöhungen bei Ländern, Gemeinden und demnächst wohl auch beim Bund. Ein paar Beispiele: Wien erhöht Gebühren heuer wieder deutlich über der Inflationsrate und plant eine neue Immobiliensteuer namens Infrastrukturabgabe. Kärnten ist gerade dabei, seine notorisch leere Landeskasse mit neuen Gebühren und Steuern (unter anderem einer 17-prozentigen Erhöhung der Zweitwohnsitzsteuer) aufzufüllen. Der Bund plant 2014 Steuererhöhungen im Ausmaß von einer Milliarde Euro.
Heuer sieht das so aus: Löhne und Gehälter steigen brutto im Schnitt um 1,9Prozent. Die Inflation macht daraus eine reale Brutto-Lohnschrumpfung um 0,1Prozent. Und der Staat sorgt dann dafür, dass der reale Nettolohn um 0,5Prozent unter dem Vorjahr liegt.
Weil der Staat auf Konsolidierungskurs fährt, rechnen die Wirtschaftsforscher auch in den kommenden Jahren mit keinen Impulsen vom Privatkonsum. Deutlich stärker dürfte die reale Zunahme der Bruttoanlageninvestitionen der Wirtschaft ausfallen.
Bremsend auf den Konsum wirkt sich naturgemäß auch die Verschlechterung der Arbeitsmarktlage aus. Das BIP-Wachstum dürfte 2014 jedenfalls nicht ausreichen, um den Anstieg der Arbeitslosenrate auch nur zu stoppen. Die Wirtschaftsforscher erwarten einen Anstieg von heuer 7,6 auf 7,8 (IHS) beziehungsweise 7,9 (Wifo) Prozent. 2015 soll die Arbeitslosenrate (nach österreichischer Definition) laut Wifo bei 7,9Prozent verharren, laut IHS auf 7,7Prozent sinken. Niedrig bleiben wird die Inflation: Die dürfte sowohl im kommenden wie auch im übernächsten Jahr unter zwei Prozent liegen. (ju)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2013)