12.500 Soldaten: UNO greift in Südsudan-Konflikt ein

Newly arrived displaced families wait at Tomping United Nations base near Juba international airport
Newly arrived displaced families wait at Tomping United Nations base near Juba international airportREUTERS
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Immer mehr Massengräber tauchen auf, es gibt tausende Tote: Der Sicherheitsrat stockt daher das UN-Truppenkontingent drastisch auf.

Unter dem Eindruck neuer Berichte über Massentötungen und Menschenrechtsverletzungen im Südsudan haben die Vereinten Nationen nahezu eine Verdoppelung ihrer Truppen in dem afrikanischen Land beschlossen. Einstimmig verabschiedete das mächtigste UN-Gremium am Dienstag (Ortszeit) eine Resolution, die die Verstärkung der 7000 UN-Sicherheitskräfte um weitere 5.500 Soldaten und 440 Polizisten erlaubt.

"Die wichtigste Aufgabe der Soldaten ist es, Zivilisten zu schützen", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon nach der Abstimmung. "Aber wir müssen uns im Klaren sein, dass die UN-Truppen auch mit der Verstärkung nicht jeden Zivilisten werden schützen können. Deshalb ist eine sofortige politische Lösung der Krise unabdingbar. Eine militärische Lösung kann es nicht geben."

Die Truppen sollten "rasch" entsendet werden. "Aber es gibt noch viele Fragen zu beantworten. Wir brauchen diese Soldaten, wir brauchen auch Kampf- und Unterstützungshubschrauber, Transportflugzeuge und andere Ausrüstung. Diese Probleme können nicht über Nacht gelöst werden."

Ban: "Augen der Welt auf Südsudan gerichtet"

"Die Angriffe auf Zivilisten und Blauhelme müssen sofort aufhören", sagte Ban. "Die UN werden die Verbrechen dokumentieren, denn die Schuldigen müssen zur Verantwortung gezogen werden. Jeder im Südsudan sollte wissen, dass die Augen der Welt auf ihn gerichtet sind."

Bei den Unruhen in den vergangenen Tagen waren Tausende Menschen ums Leben gekommen, darunter auch zwei indische UN-Soldaten. Seit Tagen wird die offizielle Opferzahl mit 500 angegeben. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen äußerten aber die Befürchtung, dass die Zahl weit höher ist. Aus seiner Sicht bestehe "kein Zweifel" daran, dass die Zahl der Toten "in die tausende" gehe, sagte der stellvertretende Leiter der UN-Mission im Südsudan (UNMISS), Toby Lanzer, am Dienstag vor Journalisten in der Hauptstadt Juba.

Südsudans UN-Botschafter Francis Deng dankte den UN für die Truppenverstärkung. "Niemand will zurück in den Krieg, unter dem unser Volk Jahrzehnte leiden musste", sagte er nach der Abstimmung. "Ich versichere Ihnen, dass meine Regierung unter schwierigen Umständen alles ihr Mögliche tut, um Stabilität und Ruhe wieder herzustellen."

Kurz zuvor hatte US-Außenminister John Kerry eine friedliche Lösung der Krise gefordert. Er telefonierte mit dem im Juli entlassenen südsudanesischen Vize-Präsidenten Riek Machar, um Gespräche zwischen diesem und der Regierung in Gang zu bringen, wie CNN unter Berufung auf einen Ministerialbeamten berichtete. Kerry habe auf einen Waffenstillstand und unverzügliche politische Gespräche gedrungen. Ein Machtkampf von Präsident Salva Kiir mit seinem Ex-Vize Machar ist Hintergrund der schweren Unruhen im Land. Sie gehören verfeindeten Volksgruppen an.

Den Vereinten Nationen zufolge sind mindestens 100.000 Südsudanesen Vertriebene im eigenen Land. 45.000 Zivilisten hätten auf UN-Stützpunkten Schutz gesucht. Die Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, zeigte sich besorgt über "zunehmende Menschenrechtsverletzungen" . "In den letzten Tagen sind massenweise außergerichtliche Tötungen und Angriffe auf Menschen allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit und die willkürliche Einkerkerung von Menschen dokumentiert worden."

Dutzende Opfer sind nach UN-Angaben verscharrt worden. "Wir haben ein Massengrab in Bentiu, im Bundesstaat Unity, entdeckt und es gibt Berichte über mindestens zwei weitere Massengräber in Juba", sagte Pillay in Genf. Nach Angaben von UN-Diplomaten sollen mindestens 75 Leichen gezählt worden sein.

Die Regierungstruppen eroberten unterdessen nach eigenen Angaben Bor von den Rebellen zurück. Die Armee hätte die Stadt am Abend eingenommen, sagte Informationsminister Michael Makwei der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag. Die Rebellen seien auf der Flucht. "Das ist das Geschenk der Regierung Südsudans an das Volk", sagte Makwei.

Er räumte zugleich ein, dass die Schusswechsel in der Stadt andauerten. Die Rebellen, die offenbar keinen großen Widerstand leisteten, hatten die Stadt etwa eine Woche lang unter Kontrolle gehabt und rund 17.000 Bewohner zur Flucht in völlig überfüllte UN-Blauhelm-Stützpunkte getrieben. Die USA hatten am Sonntag Hunderte US-Bürger und andere Ausländer aus Bor ausgeflogen.

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