Mitterlehner: "Dayli hätte ein Konzept und mehr Geld gebraucht"

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Unter dem Dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner sei die Insolvenz von Schlecker Österreich nur hinausgeschoben worden, sagt Insolvenzverwalter Rudolf Mitterlehner. Die endgültige Abwicklung der Pleite werde sich 2014 nicht mehr ausgehen.

Der ehemalige Dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner hat Anfang Dezember angekündigt, dass er demnächst die Finanzierung für einen Neustart zusammen habe und die Vermieter gebeten, ihm eine Mietoption für die ehemaligen Dayli-Standorte zu geben. Was sagen Sie dazu?

Rudolf Mitterlehner: Der Herr Dr. Haberleitner war ständig daran, irgendwelche Finanzierungsmöglichkeiten aufzustellen. Einmal ist ihm das mit der Novomatic ja auch gelungen. Während des Insolvenzverfahrens hat es immer geheißen, ein bisschen Zeit brauche er noch. Auch mir gegenüber behauptet er, nun endlich eine Finanzierung zu haben. Bisher floss am Ende des Tages jedoch nie wirklich Geld. Und ohne dass Geld auf dem Tisch liegt, kann ich nichts machen.

Sie vertrauen ihm also immer noch?

Ich würde es nicht Vertrauen nennen. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass er doch eine Finanzierung zustande bringt. Auf der Welt ist viel Geld, auch Risikokapital, vorhanden.

Sie haben mehrmals die Insolvenzeröffnung nach hinten verschoben und Ultimaten verlängert. Man hatte das Gefühl, dass der Herr Haberleitner Ihnen auf der Nase herumgetanzt ist.

Es ist die Aufgabe des Insolvenzverwalters, das Unternehmen fortzuführen, solange kein Verlust gemacht wird. Daher haben wir es auch so lange am Laufen gehalten, bis wir gesehen haben, dass es ohne Verluste nicht mehr länger geht. Bis dahin gab es auch Zeit, eine Finanzierung zu finden. Das hat jedoch nichts mit Herrn Dr. Haberleitner zu tun gehabt. Ich habe mir also nicht von ihm auf der Nase herumtanzen lassen, sondern meine Aufgabe als Insolvenzverwalter erfüllt.

War Herr Haberleitner eigentlich der richtige Mann dafür, Schlecker Österreich im Sommer 2012 zu übernehmen?

Das kann ich nicht beurteilen, und ich weiß auch nicht, warum es der Herr Dr. Haberleitner wurde. Meines Wissens gab es damals nämlich auch andere Interessenten. Im Nachhinein würde ich meinen, dass unter seiner Eigentümerschaft nicht wirklich was weitergegangen ist, sondern dass lediglich die Insolvenz von Schlecker Österreich weiter hinausgeschoben wurde. Er hat sicherlich Verschiedenes versucht, aber das war halt nicht zielführend.

Hatte Schlecker im Sommer 2012 bessere Chancen als ein Jahr später im Sommer 2013?

Ich als Insolvenzverwalter würde sagen: Ja. Vielleicht hätte es damals auch andere Chancen gegeben. Allerdings immer unter der Voraussetzung, dass es ein ordentliches Konzept und viel Geld gegeben hätte und man sich auch an eine wirkliche Restrukturierung gemacht hätte. Schon Anfang 2012, als Schlecker in Deutschland in Konkurs gegangen ist, hätte man in Österreich ganz einschneidende Maßnahmen setzen müssen, um eine Restrukturierung zu schaffen.

Das hätte geheißen: von Anfang an mehr Filialen schließen?

Ja, es gab auch mehrere Konzepte von Unternehmensberatern. Die wurden aber nicht umgesetzt. Meines Wissens nach gab es auch aus dem Unternehmen heraus Vorschläge, einzelne Filialen zu schließen, und der Herr Dr. Haberleitner persönlich hätte das untersagt. Er hat nämlich auf Expansion gesetzt.

In der Öffentlichkeit legt der Herr Haberleitner oft ein doch etwas auffälliges Verhalten an den Tag ...

Das kann man vorsichtig so sagen.

... jetzt ist die Frage: Hat Schlecker Deutschland ein Unternehmen mit 3500 Arbeitsplätzen leichtfertig an jemanden gegeben, der nicht wirklich seriös agiert?

Ob dieses auffällige Verhalten für den deutschen Insolvenzverwalter schon vorher erkennbar war, ist für mich schwer zu beurteilen. Damals war Schlecker Österreich endgültig am Ende. Der deutsche Insolvenzverwalter stand daher unter großem Zeitdruck. Und es ist im Nachhinein auch schwer zu sagen, ob es einer der anderen Interessenten schlussendlich besser gemacht hätte.

Es gab dann auch noch den Vorfall, bei dem Herrn Haberleitner ein Koffer mit einer Million Euro in Italien gestohlen wurde. War das Geld von Dayli?

Ja, das war eindeutig bar vom Konto der Firma Dayli behoben. Und wir behalten uns natürlich auch vor, zivilrechtliche Ansprüche zu stellen. Wir warten aber jetzt erst einmal auf die strafrechtlichen Ermittlungen, die bereits sehr weit gediehen sind. Und wenn ein Strafverfahren eingeleitet wird, werden wir uns als Privatkläger anschließen und eventuell weitere zivilrechtliche Schritte einleiten. Das sollte Anfang nächsten Jahres soweit sein.

Auch gegen den Herrn Haberleitner stand ein Vorwurf im Raum, und zwar, dass er den Konkurs verschleppt habe. Wie sieht die Sache da aus?

Wir sind in dieser Frage gerade dabei, die notwendigen Gutachten einzuholen. Rein faktisch und auch rechtlich ist das nicht leicht zu sagen.

Noch einmal zurück zum Sommer 2012. Hätte man damals einen Teil der Filialen rigoros geschlossen und die anderen mit viel Geld und einem ordentlichen Konzept hergerichtet, hätte Dayli dann eine Chance gehabt? Oder war das Konzept von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

Ich glaube nicht, dass es von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Man hätte aber viel mehr Geld in die Hand nehmen müssen, wahrscheinlich doppelt so viel. Es war zwar Geld da, aber das brauchte man, um die Lieferanten zu bezahlen. Für einen Umbau des Unternehmens hätte man mehr gebraucht. Denn auch das Schließen und der Abbau von Mitarbeitern kostet was. Dayli hat zwar Konzepte präsentiert, aber kaum etwas umgesetzt.

Herr Haberleitner hat Ihnen mehrmals vorgeworfen, dass Sie Dayli endgültig ruiniert hätten, weil Sie zu wenig Geld für Ware locker gemacht hätten. Waren Sie zu restriktiv?

Das finde ich eigentlich eine Ungeheuerlichkeit. Das Geld war ja nicht da. Wir sind Anfang Juli mit ihm zusammengesessen, und da hat auch er gesagt, dass es vorbei ist, wenn nicht bis zum Ende des Monats ein hoher zweistelliger Millionenbetrag vorhanden ist. Heute bestreitet er das. Dieser hohe zweistellige Millionenbetrag wäre aber notwendig gewesen, um sinnvoll einkaufen zu können. Das vorhandene Geld konnte ich aufgrund der absehbaren Masse-Forderungen nicht einfach so ausgeben. Ich weiß nicht, ob er das jetzt bewusst so darstellt, oder ob er es einfach nicht versteht.

Von außen hatte man bei Dayli immer das Gefühl, dass es sehr hochfliegende Pläne gab, wo aber wenig dahinter steckt.

Das ist auch mein Gefühl. Papier ist halt geduldig. Businesspläne schauen schnell toll aus, aber die Frage ist, was man dann daraus macht.

Wie sieht es mit der Verwertung der Dayli- Standorte aus?

Das hat sich leider nicht so entwickelt wie wir ursprünglich gedacht haben. Das Interesse an den Standorten war doch geringer als erwartet. Und das ist für mich auch heute noch verwunderlich, da es unter den rund 800 Standorten auch eine ganze Reihe von sehr guten gibt. Daher hat die Gesamtverwertung von Dayli leider auch nicht funktioniert. Die Interessenten haben anscheinend einfach gewartet, bis die Standorte geschlossen wurden, und es sich dann selbst mit den Vermietern ausgemacht.

Mitte Dezember sind die Auktionen gestartet, bei denen das Dayli-Inventar verkauft wird. Ist schon absehbar, wie hoch die Quote für die Gläubiger ausfallen wird?

Nein, überhaupt noch nicht. Die Auktionen werden sich bis Mitte, Ende Jänner hinziehen. Und dann gibt es noch andere Brocken, die dazu geeignet sind, zu einer ansehnlichen Quote zu kommen. So ist etwa die Frage zu klären, ob es innerhalb von Schlecker unzulässige Verschiebungen gegeben hat, das geht schon aufs Jahr 2011 und früher zurück.

Das heißt, Schlecker Deutschland hat Schlecker Österreich „ausgeräumt“, als das Geschäft schlechter ging.

So könnte man das ausdrücken. Dieser Verdacht steht im Raum. Und hierbei geht es auch um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag. Und das ist eine ganze Menge.

Wann könnte die Dayli-Insolvenz endgültig abgewickelt werden? Wird sich das im Jahr 2014 noch ausgehen?

Es sind noch eine Reihe von komplizierten Fragen zu klären. Ich glaube daher nicht, dass sich das im Jahr 2014 noch ausgehen wird.

Was verdienen Sie eigentlich an der Dayli-Pleite?

Das weiß ich noch nicht. Der Insolvenzverwalter wird am Erfolg gemessen. Es gibt da eine Entlohnung für die Fortführung selber. Der größere Brocken misst sich jedoch daran, was für die Masse erzielt werden kann. Davon erhält der Insolvenzverwalter einen im Gesetz festgelegten degressiven prozentuellen Anteil. Wenn es um größere Millionenbeträge geht, dann ist das etwa ein Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2013)

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