Wettbewerbshüter bringen Spar vor Gericht

SPAR-MARKT AM LINZER HAUPTBAHNHOF
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Die Bundeswettbewerbsbehörde hat zwei Bußgeldanträge gegen Spar beim Kartellgericht eingereicht. Außergerichtliche Einigung wird es keine geben. Die Arbeiterkammer fordert mehr Transparenz für Konsumenten.

Wien. Der Konflikt zwischen Spar und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird gerichtlich ausgefochten. Wie am Freitag bekannt wurde, hat die BWB kürzlich zwei Bußgeldanträge gegen Spar beim Kartellgericht Wien eingebracht. Die Sichtung der bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Dokumente habe den Verdacht erhärtet, dass für „verschiedene Produktgruppen die Endverkaufspreise abgestimmt wurden“.

Die BWB nannte vorerst nur zwei Produktgruppen: Molkereiprodukte und Bier. Der Verstoß Spars gegen das Kartellrecht beziehe sich primär auf vertikale Preisbindungen (zwischen Händler und Lieferanten). Die Spar-Gruppe habe mit ihren Lieferanten „Endverkaufspreise durch Vereinbarungen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen direkt und indirekt festgesetzt“, so die BWB. Spar habe sich über diese Preisbindungen aber auch horizontal abgesprochen, also mit anderen Lebensmittelhändlern. Dies sei indirekt (über die jeweiligen Lieferanten) erfolgt.

Auf „Presse“-Anfrage bestätigte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann, dass die Spar-Gruppe an ihrem Vorhaben, die Sache vor Gericht auszufechten, festhalten und sich keinesfalls, wie Konkurrent Rewe, auf eine Einigung mit der BWB verständigen wolle. Rewe (Billa, Merkur, Penny, Adeg, Bipa) hatte im Rahmen dieses Settlements im Mai 2013 ein Bußgeld von 20,8 Mio. Euro gezahlt.

Kärntnermilch verurteilt

Erst am Donnerstag wurde ein Lieferant von Spar und Rewe, die Kärntnermilch, wegen Preisabsprachen mit dem Lebensmittelhandel zu einer Bußgeldzahlung von 375.000 Euro verurteilt. Reguläre und insbesonders Aktionspreise sind laut BWB abgestimmt worden. Auch in diesem Fall gab es ein Settlement: Beide Seiten, die BWB und Kärtnermilch, hatten auf Rechtsmittel verzichtet. Kärtnermilch-Chef Helmut Petschar sagte zwar, er fühle sich „ungerecht behandelt“, man habe sich trotzdem entschieden, die Strafe zu zahlen, um ein teures Verfahren zu vermeiden. Man habe zwar Aktionspreise, -zeiträume und -mengen mit den Handelspartnern abgestimmt. Das sei aber eigentlich zum Vorteil der Konsumenten. Ähnlich argumentierte bereits Spar-Chef Gerhard Drexel. Es sei auch deshalb wichtig, dass der Konflikt mit der BWB ausjudiziert werde, um endlich Rechtssicherheit darüber zu bekommen, was denn im Umgang mit Lieferanten nun erlaubt und was verboten sei.

Spar in Ungarn zu Geldstrafe verurteilt

In Ungarn hat Spar bereits die gewünschte Rechtssicherheit bekommen. Spar Ungarn wurde kürzlich erstinstanzlich zu einer Geldstrafe in der Höhe von 170.000 Euro verurteilt („Die Presse“ berichtete exklusiv). Spar soll seine Marktposition gegenüber Lieferanten missbraucht haben. Und zwar mittels Verträgen, die die Lieferanten zu Preisnachlässen verpflichtet haben, damit ihre Produkte überhaupt bei Spar gelistet werden. Auch in Ungarn zeigte sich Spar streitlustig. Dem Urteil ging ein umfangreicher Rechtsstreit zwischen Spar und den Wettbewerbshütern voraus.

In Österreich gibt es bereits diverse Nebenschauplätze im Streit zwischen der BWB und Spar. Spar hat der BWB vorgeworfen, bei der Hausdurchsuchung in Kärnten illegale Spionagesoftware verwendet zu haben. Die BWB klagte Spar-Chef Drexel daraufhin wegen Verleumdung und Rufschädigung. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt dazu. Spar wiederum sah das Recht auf Datenschutz und das Amtsgeheimnis verletzt und reichte entsprechende Beschwerden gegen die BWB ein.

AK: Schaden muss beziffert werden

Kritik an dem in Kartellsachen häufigen Settlement äußerte am Freitag die Arbeiterkammer (AK). Die Konsumenten würden bei Settlements nicht erfahren, welche Produkte von den Preisabsprachen betroffen seien und um wie viel sie zu viel bezahlt hätten. Das müsse sich ändern. Außerdem fordert die AK eine Zweckwidmung der Geldbußen für den Konsumentenschutz. Diese Forderung decke sich mit einem Punkt im neuen Regierungsprogramm, zeigte sich die AK erfreut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2014)

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