Wochenlange Proteste wegen menschenunwürdiger Löhne schlagen in Gewalt um. Mehrere Arbeiter wurden vor einer Fabrik erschossen, nachdem Demonstranten Brandbomben gegen Polizisten geworfen hatten.
Phnom Penh. Bei Zusammenstößen zwischen protestierenden Textilarbeitern und kambodschanischen Sicherheitskräften wurden am Freitag Augenzeugen zufolge mehrere Menschen getötet. Vor einer Fabrik in der Hauptstadt Phnom Penh eröffneten Militärpolizisten mit Sturmgewehren das Feuer auf Demonstranten, die für bessere Löhne auf die Straße gegangen waren.
Als die Sicherheitskräfte die Kundgebung auflösen wollten, wurden sie mit Steinen, Flaschen und Benzinbomben beworfen. Durch die Schüsse seien mindestens drei Teilnehmer getötet worden. Ein Sprecher der Militärpolizei sprach von einem Todesopfer und mehreren Verletzten.
Die Gewerkschaften hatten zu einem landesweiten Streik aufgerufen. Sie fordern mehr Geld für die unterbezahlten und häufig regelrecht ausgebeuteten Beschäftigten der Bekleidungsindustrie, die zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen des Landes zählt. Nach zwei Wochen überwiegend friedlicher Streiks und Demonstrationen hatte die Polizei am Donnerstag erstmals eine Demonstration gewaltsam aufgelöst. Pressefotografen waren geschlagen worden.
Mindestlohn unter 100 Dollar
Die Textilarbeiter werden von der Opposition unterstützt. Diese wirft der Regierung massiven Betrug bei der Wahl im vorigen Juli vor und fordert Neuwahlen. Der seit 28 Jahren autoritär regierende Ministerpräsident Hun Sen lehnt eine Anhebung des monatlichen Mindestlohns auf mehr als 100 Dollar ab. Oppositionsführer Sam Rainsy hat den Gewerkschaften versprochen, den Mindestlohn bei einem Wahlsieg auf mindestens 160 Dollar zu erhöhen.
Die Demonstrationen orientieren sich an der Protestbewegung in Thailand, wo es allerdings höhere Löhne gibt. Zu den vielen westlichen Unternehmen, die in Kambodscha produzieren lassen, zählen neben dem US-Konzern Nike auch deutsche Sportartikelhersteller wie Puma und Adidas. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2014)