Vom Hühnerei zur geräucherten Lachsforelle

Vom Hühnerei zur geräucherten Lachsforelle
Vom Hühnerei zur geräucherten LachsforelleClemens Fabry
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Der Niederösterreicher Franz Singer hat einst die ersten Eier aus Bodenhaltung verkauft. Jetzt beherbergt er Lachsforellen und verkauft die geräucherten Filets an Wanderer.

Franz Singer hat sein Wissen nicht aus Büchern. Ihm reichen „Bücherl“, wie er sie nennt, in denen er nachschlägt und dann etwas daraus macht: eine Blockhütte zum Beispiel, eine Lachsforellenzucht oder einen – „Kilimandscharo-erprobten“ – Lippenbalsam. Badeöle, Eierlikör und Honig hat der 73-Jährige ebenso im Angebot. Früher waren auch noch Marmeladen dabei – etwa Banane-Bourbon-Whisky. „Seit ich mich um die Steinwandklamm kümmer, fehlt mir aber die Zeit“, sagt Singer und deutet auf ein Drehkreuz am Anfang des Wanderweges. Der beginnt gleich neben seiner Blockhütte und seinem Wohnhaus im niederösterreichischen Furth an der Triesting.

Singer ist, wenn man so will, ein Multitalent, ein Tüftler, der Dinge gerne ausprobiert und einfach macht. Dass man aus solchen „Bücherln“ einiges lernen kann, beweisen die kalt geräucherten Lachsforellenfilets, die er bei seiner Hütte verkauft. Im Advent funktioniert er die in eine Punschhütte um und bewirtet dort Wanderer. Während des Jahrs kann man bei ihm die Fische nur kaufen – als kalt geräuchertes Filet oder (bei Vorbestellung) im Ganzen. An die Gastronomie verkauft er die Fische nicht, der Aufwand wäre zu groß. Franz Singer betreibt seine Fischteiche lieber im Kleinen. „Im vorderen Teich hab ich 100 Stück drinnen, im hinteren circa 450. Aber Sie müssen nächstes Jahr kommen, da ist dann alles viel schöner, ich will ein bisschen umbauen.“

Gelernt hat Singer in der Gastronomie im elterlichen Betrieb, in dem sich jetzt sein Wohnhaus befindet. „Ich war dann immer auf Saison, in St. Anton oder in Gastein, im Sommer am Attersee. Dazwischen geht man normalerweise stempeln, aber ich bin auf den Bau gegangen, da hab ich mir allerlei angeeignet und viel gelernt.“

Hühnereier für den Meinl

Fischteiche gab es beim elterlichen Betrieb schon in den 1960er-Jahren. „Ich hatte eine sehr junge Mutter, die sich nicht aufraffen konnte, mir den Betrieb zu übergeben.“ Also hat er mit etwas Eigenem begonnen: einer Hühnerfarm. „Wollen S' das wirklich alles wissen“, fragt Singer, während er in der Blockhütte den Kamin einheizt. Kurz zusammengefasst: Singer hat in den 1970ern als einer der Ersten Eier aus Boden- statt Käfighaltung angeboten und Meinl-Filialen beliefert. Gemeinsam mit einem Geschäftspartner hat er unter dem Namen „Nestei“ Eier aus Bodenhaltung verkauft. „Wir haben sogar Bauern in Kärnten unter Vertrag gehabt und wurden von sicher 100.000 Hendl beliefert.“ Mit dem EU-Beitritt wurde aber die Konkurrenz zu groß. Singer musste Konkurs anmelden und ging in Pension – das Schild mit der Aufschrift „EU-freie Zone“ auf seinem Grundstück dürfte aus dieser Zeit stammen.

Also hatte er mehr Zeit für seine Bienen und die Steinwandklamm, um die er sich ebenso kümmert. Vor drei Jahren sind dann die Lachsforellen dazugekommen. „Der Teich war da. Wir haben immer alles selber gemacht, für den Eigenbedarf.“ Anfangs wollte er die Fische für die Wanderer frisch aus dem Teich fischen und ihnen einen Griller zur Verfügung stellen. „Die sind aber immer dann gekommen, wenn ich viel zu tun gehabt habe.“ Immerhin hatte er ja auch noch die Blockhütte zu bauen, das war 2008. „Ich wollt sie eigentlich schon 2007 bauen, aber da bin ich noch schnell auf den Kilimandscharo gegangen“, sagt er beiläufig.

Dass aus den Regenbogenforellen dann Lachsforellen wurden, war Zufall. Immerhin braucht es dazu lediglich pigmentiertes Futter, das die Farbe des Fleisches verändert. Er griff im Lagerhaus versehentlich zum falschen Futter. „Nach 14 Tagen hab ich einen Fisch für uns zum Essen gefischt, der war plötzlich so rosa. Erst da hab ich gemerkt, dass ich das falsche Futter gekauft hab.“ Der Familie hat es geschmeckt, Singer blieb dabei – und legte sich einen Räucherofen zu. Wie das Einbeizen und Räuchern funktioniert, hat er nachgelesen.

Arbeiten im Freien

Filetiert werden die Fische im Freien. In einem Eck im Garten hat er einen Holztisch aufgestellt, daneben eine alte Wanne, in der schon ein Lachsforellen-Weibchen schwimmt, und ein Wasseranschluss. „Da kann ich in Ruhe arbeiten. Bei Minusgraden stell ich mir einen Kübel heißes Wasser dazu“, sagt Singer und bittet uns, kurz wegzuschauen. Er fischt den Fisch heraus und verpasst ihm ein paar Schläge auf den Kopf. Bevor das Messer zum Einsatz kommt, wird der Rogen herausgedrückt. „In den Kochbüchern steht, man soll den Kaviar waschen. Dann hat man aber Schrotkugeln, so hart sind die.“ Der Fisch gibt ob des Druckes ein quietschendes Geräusch von sich. Der Kaviar, den er in einer Schüssel auffängt, wird später mit Salz und Zucker vermischt und in Gläser abgefüllt.

Jetzt kommt sein Taschenmesser zum Einsatz. Der Fisch wird mit einem Zug geöffnet. „Die Jäger fangen immer beim Popsch an, aber das mach ich nicht, da kommen ja die ganzen Verunreinigungen mit“, sagt er, nimmt den Fisch aus und schneidet mit einem großen Messer zwei schöne, große Filets aus dem rund zweieinhalb Kilogramm schweren Fisch. Die kleinen Stücke, die hängen bleiben, sammelt er und wird sie später mit Salz, Pfeffer, Orange, Honig und einem Schuss Whisky abbraten. Die Filets werden ein paar Tage lang in einer Beize aus Salz, Zucker, Dille, Pfeffer und Olivenöl eingelegt. Dort verlieren sie Wasser und damit ein Drittel ihres Gewichts. Erst dann kommen sie auf den Räucherofen, der nie mehr als 25 Grad Celsius haben darf, weil eben kalt geräuchert wird. Im Sommer funktioniert das manchmal nur nachts. Einmal pro Woche wird geräuchert. Um 78 Cent pro Dekagramm verkauft er die fertigen, in Vakuum verschweißten Filets. „Jetzt hab ich was Neues ausprobiert, und die Filets mit Wacholder eingeschweißt“, sagt Singer und beginnt von seinem neuen Räucherofen zu erzählen, den er heuer bauen will. Das Bücherl dazu hat er schon.

Lachsforellen

Franz Singer kümmert sich im niederösterreichischen Furth an der Triesting (Bezirk Baden) nicht nur um die Wanderroute in der Steinwandklamm, die zwischen Furth und den Myrafällen liegt. Er verkauft dort auch kalt geräucherte Lachsforellenfilets, Honig, Eierlikör, Lippenbalsam und Badeöle. Fische im Ganzen werden gegen Vorbestellung verkauft. Kontakt: Franz Singer, Steinwandgraben 8, 2564 Furth/Triesting, ✆ 0676/ 523 64 45, singerfranz@gmx.at, www.steinwandklamm.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2014)

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