Die große Angst vor smarten Zählern

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Heuer soll die flächendeckende Einführung von intelligenten Stromzählern starten. Im Vorfeld gibt es vor allem Befürchtungen um die Datensicherheit und Kritik an den Kosten.

Wien. Dass Google nun direkt in das Geschäft mit intelligenter Haushaltstechnik einsteigt, dürfte Wasser auf die Mühlen der Kritiker von Smart Metering sein. Seit Jahresanfang trommeln Datenschützer heftig gegen den für heuer geplanten Start der flächendeckenden Einführung der intelligenten Zähler. Sie befürchten gläserne Menschen und den Missbrauch der Technik. Doch welche Gefahren lauern wirklich? Und wie hoch sind Kosten und Nutzen? „Die Presse“ hat die Antworten:

1.) Was sind eigentlich Smart Meter und wann kommen sie?

Smart Meter sind elektronische Stromzähler, mit denen die analogen Zähler sukzessive ersetzt werden sollen. Die EU schreibt vor, dass bis 2020 die Zähler zu mindestens 80Prozent auf Smart Meter umgerüstet sein müssen. In Österreich wurde festgelegt, dass die analogen Ferraris-Zähler bis 2019 sogar zu 95Prozent ausgetauscht werden.

2.) Welche Daten übermitteln Smart Meter und wer erhält diese?

Der Vorteil der intelligenten Zähler ist, dass diese die Verbrauchsdaten aktuell an den Netzbetreiber melden können. Zur Zeit werden die Zähler nur einmal innerhalb von drei Jahren abgelesen. Künftig erhalten die Netzbetreiber einmal pro Stunde die Werte der vergangenen vier Viertelstunden. Diese Werte werden auch dem Kunden über eine Internetplattform zur Verfügung gestellt. Die Energieversorger erhalten laut Gesetz nur einmal im Monat jene Daten, die sie für die Abrechnung benötigen.

3.) Welcher Missbrauch wäre mit Smart-Meter-Daten möglich?

Laut Datenschützern wie Hans Zeger von der Arge Daten könne anhand der Verbrauchsdaten der Tagesablauf des Kunden nachvollzogen werden. Es könnten daraus sogar Rückschlüsse auf die jeweilige Tätigkeit gezogen werden. „Um das zu schaffen, bräuchte es sekundengenaue Daten“, entgegnet E-Control-Geschäftsführer Martin Graf. Zudem hätten die Unternehmen hohe Auflagen für den Datenschutz. Ähnlich argumentiert auch Georg Glaser, Energieexperte bei Arthur D. Little, der eine Studie zu dem Thema geschrieben hat: „Jede Vorteilskarte eines Supermarktes sagt mehr über mich aus als die Smart-Meter-Daten.“ Kritisiert wird aber auch, dass die Netzbetreiber künftig den Strom aus der Ferne abschalten können. Dies sei ein Risiko für Missbrauch. „Auch die Donaukraftwerke werden von einer Zentrale gesteuert. Und auch hier gibt es sichere Systeme“, so Graf.

4.) Warum werden analoge Zähler überhaupt ersetzt?

Derzeit tappen Netzbetreiber und Verbraucher bei ihrem Stromverbrauch sozusagen im Dunkeln. Die analogen Zähler laufen zwar brav im Keller vor sich hin, wer jedoch wann und wie viel Strom verbraucht hat, wird nur stichtagsweise erhoben. Den Kunden fehle daher – anders als etwa beim Benzinverbrauch des eigenen Autos – das Gefühl für Strom. Dies soll sich durch Smart Meter ändern. Kunden wüssten jederzeit, wie viel Strom ihre Geräte zur Zeit verbrauchen und würden dadurch effizienter mit Strom umgehen. Die E-Control erwartet einen Einsparungseffekt von 3,5Prozent. Ein Wert, der laut Glaser aber zu hoch angesetzt ist, da die Österreicher beim Thema Strom grundsätzlich nicht sonderlich interessiert seien. Als Begründung nennt er die niedrige Wechselrate bei den Stromlieferanten von lediglich knapp zwei Prozent pro Jahr. Laut seiner Studie werden die Effekte vor allem langfristig spürbar sein. Smart Meter würden demnach als Innovationsmotor für die Heimautomatisierung dienen – also etwa intelligente Elektrogeräte, die sich abhängig vom aktuellen Stromtarif ein- und ausschalten.

5.) Was kostet die Einführung von Smart Metern und wer zahlt dafür?

Die E-Control schätzt die Kosten auf 800 Mio. bis 1,1 Mrd. Euro. Andere Schätzungen gehen von Kosten von bis zu zwei Mrd. Euro aus. Entscheidend ist, welche Kosten abseits der Geräte mit einberechnet werden. Ein Smart Meter selbst kostet rund 100 Euro. Die Investitionen werden durch die Netzbetreiber getätigt. Sie holen sich das Geld über die Netztarife wieder zurück. Ob das derzeitige Zählerentgelt steigt, hängt von den exakten Investitionen ab. Die E-Control rechnet damit, dass die derzeitigen Tarife ausreichen.

6.) Was können Kunden machen, die keinen Smart Meter wollen?

Aufgrund der großen Kritik wurde im Vorjahr die gesetzliche Möglichkeit für einen sogenannten Opt-out geschaffen. Kunden können sich also dezidiert gegen einen Smart Meter entscheiden. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie weiterhin einen analogen Zähler nutzen. Es könnte auch ein Smart Meter sein, der aufgrund einer Einstellung „dumm“ gemacht wird – also die Daten nur mehr einmal jährlich an die Netzbetreiber sendet. Diese Entscheidung ist aber noch nicht getroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2014)

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