Wer ist schuld am Burg-Defizit?

PK BURGTHEATER-DIREKTOR HARTMANN 'BURG-SPIELZEIT 2013/2014'
PK BURGTHEATER-DIREKTOR HARTMANN 'BURG-SPIELZEIT 2013/2014'APA/ROBERT JAEGER
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„Ich habe 15,3 Millionen Verbindlichkeiten übernommen“, sagt Burg-Chef Hartmann. Sein Vorgänger Nikolaus Bachler droht: „Das wird ein Nachspiel haben!“

Der Rechnungshof (RH) hat aufgrund der Entlassung von Burg-Vizedirektorin Silvia Stantejsky „erhöhte Risikorelevanz“ beim Burgtheater festgestellt. Der RH überlegt, ob er von sich aus eine Prüfung vornehmen soll. Die letzte Burg-Prüfung war vor 20 Jahren. Derzeit ist eine Prüfung der Bundestheater-Holding im Gange. Mit der Fertigstellung sei in den nächsten Tagen zu rechnen, berichtet die APA. Im Interview mit dieser erläutert Burg-Chef Matthias Hartmann erneut die gravierenden Probleme des Hauses, das er „mit einer Verbindlichkeit von 15,3 Millionen Euro übernommen“ habe: „Ich habe die Einnahmen erhöht, sie sind auch heuer wieder um 200.000 Euro gestiegen, während die Produktionskosten ungefähr gleich geblieben sind. Ich habe die ,Junge Burg‘ erfunden, die ich für lebenswichtig halte, um in die Zukunft unserer Zuschauer zu investieren.“

Die Verbindlichkeiten hätten sich trotzdem „sicherlich vergrößert“, vor allem, weil die Bundestheater wie viele Kulturinstitutionen keine Valorisierung ihrer Subventionen erhalten und auch die jährlichen Gehaltserhöhungen nicht abgegolten bekommen. Hartmann: „Wenn ich jedes Jahr eine Million mehr an Lohnkosten zahlen muss, dann fehlen sie mir. Und im nächsten Jahr zwei. Das kann jedes Milchmädchen verstehen. Ich kann nicht dazu verpflichtet werden, Direktor eines Hauses zu sein, das Schulden macht, um zu existieren.“ Hartmann hofft, dass der neue, für Kultur zuständige Kanzleramtsminister Josef Ostermayer Verständnis für seine Lage haben wird: „Wenn man die Summe, die Klaus Bachler (Nikolaus Bachler, Burgtheater-Direktor, jetzt Direktor der Bayerischen Staatsoper in München, Red.) bekommen hat, indexiert, wären wir jetzt bei 58,8 Millionen Euro, ich habe aber 46,3 Millionen“, so Hartmann.

Springer begrüßt RH-Prüfung der Burg

„Dass Herr Hartmann ein Defizit geerbt hat, das muss er mir erstmal beweisen, das wird ein böses Nachspiel haben“, sagt Hartmann-Vorgänger Bachler: „Das jetzige Burg-Defizit ist eine Mischung aus hausgemacht und strukturell. Herr Hartmann produziert sehr teuer und beschäftigt viele Gäste. Ein einzelner Gast ist teurer, als wenn ein Ensemble-Mitglied vier Rollen spielt, das ist doch bekannt! Wenn Hartmann glaubt, er kann jetzt solche Lügen über die frühere Geschäftsgebarung verbreiten, dann soll er auf den Tisch legen, warum er das tut, fünf Jahre danach, das allein ist schon absurd. Der Mann ist in der Ecke und so benimmt er sich auch.“

Es sei „ein Hohn“, wie Hartmann in der Causa Stantejsky agiere. Trotzdem, so Bachler: „Ich möchte fair bleiben. Ein staatseigener Betrieb wie das Burgtheater, der die Tarif-bzw. Gehaltserhöhungen nicht bekommt, hat irgendwann ein massives Problem. In unseren Jahren ging das noch halbwegs, ich hatte ja auch noch ein Vorbereitungsbudget, bei Hartmann gab es nicht einmal mehr das. Das kam alles aus meinem Budget, darum habe ich auch 2009 praktisch nichts mehr produziert.“ Die Bayerische Staatsoper sei kameralistisch geführt, keine GesmbH wie die Burg, „daher bekommt sie die Gehaltserhöhungen natürlich ausgeglichen“, erläutert Bachler. Dennoch: „Ich finde es mutig und dumm von Hartmann, dass er jetzt mich anschüttet. Er kennt mich. Er weiß, dass ich mir das nicht gefallen lassen werde. Ich kenne meinen Betrieb, ich kannte ihn auch finanziell.“

„Die Bundestheater sollten wie die Universitäten behandelt werden“, erklärt der frühere kaufmännische Direktor des Burgtheaters und jetzige Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien (VBW), Thomas Drozda: „Die jährlichen Gehaltserhöhungen müssen den Bühnen abgegolten werden.“ Drozda zu den von Hartmann angesprochenen Verbindlichkeiten: „Das Burgtheater hat in meiner Zeit der Geschäftsführung niemals das Budget überzogen!" Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer erklärte, er würde eine Prüfung des Burgtheaters durch den Rechnungshof „ausdrücklich begrüßen“. Bereits am 7. 1. habe er RH-Präsident Josef Moser über die Lage im Burgtheater informiert. Externe Prüfer klären derzeit Ungereimtheiten in der Buchhaltung im Burgtheater auf – was die Vorlage der Jahresabschlüsse beim Burgtheater wie bei der Holding verzögern werde, so Springer.

CAUSA STANTEJSKY

Burgtheater. Anfang Jänner wurde Silvia Stantejsky, Burg-Vizedirektorin, die seit Jahrzehnten am Haus ist, nach buchhalterischen Ungereimtheiten entlassen. Stantejsky hatte mehrfach vor der Aushungerung der Burg durch Nichterhöhung der Subvention gewarnt. Nun wird die Gebarung der Burg geprüft, das Defizit könnte weit höher sein als erwartet. Stantejsky focht ihre Entlassung an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2014)

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