Der Sachverständige habe mögliche Risiken der Immobilie nicht berücksichtigt, sagen die Anwälte. Gutachter Popp weist die Einwände zurück.
Wie erwartet haben im Telekom-Prozess über den Verkauf der Schillerplatz-Immobilie die Verteidiger der vier verbliebenen Angeklagten den Gerichtssachverständigen Roland Popp am Freitag weiter unter Beschuss genommen. Sein Gutachten, das zu einem Wert der Immobilie zum Verkaufsanbots-Zeitpunkt im Mai 2006 in Höhe von 9,8 Mio. Euro kommt, belastet die Angeklagten.
Die Telekom Austria hatte die Wiener Immobilie ohne aktuelles Gutachten um 5,4 Mio. Euro an Ex-ÖBB-Chef Martin Huber verkauft, dieser hatte die Immobilie nach elf Monaten an die Seeste Bau um 10,9 Mio. Euro weiterverkauft. Die Seeste Bau baute den Dachboden aus und errichtete Luxuswohnungen in dem Innenstadt-Palais mit Ringstraßenarchitektur.
Baubewilligung so gut wie fix
Der Gutachter habe die vorhandenen Risiken zu wenig berücksichtigt, argumentierten die Anwälte. Zum Zeitpunkt des Verkaufsanbots, das die nunmehr angeklagten Ex-Telekom-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo im Mai 2006 unterschrieben hatten, sei die Baubewilligung zwar beantragt aber noch nicht erteilt worden. Tatsächlich kam die Baubewilligung erst im November 2006, Ende Dezember 2006 kaufte Hubers Schillerplatz 4 Projektentwicklungsgesellschaft SP4 die Immobilie. Popp konterte, er habe ohnehin einen "Angstabschlag" verrechnet und abgezogen. Das Baubewilligungsverfahren sei aber schon weit fortgeschritten gewesen, sodass etwa von Anrainern keine Einwände mehr kommen konnten.
Am Schillerplatz war ein Dachbodenausbau geplant und schon beantragt. Allerdings wurden zunächst Pläne für Büros eingereicht, diese wurden später für Wohnungen abgeändert. Eine - allerdings auslaufende - Widmung erlaubte zum Verkaufszeitpunkt noch keinen Wohnungsbau. Die Pläne zur Errichtung von Wohnungseigentum waren dem Kaufvertrag zwischen Telekom und SP4 beigelegt, ebenso ein Nutzwertgutachten. Der Sachverständige konstatierte daher, dass hier ein Projekt verkauft wurde.
Wertmindernde Handymasten
Die Verteidiger warfen dem Gutachter vor, er habe die wertmindernden Aspekte zu wenig berücksichtigt. So seien etwa keine Garagenplätze im Haus vorhanden. Die nächste Garage sei nur 100 Meter entfernt, und bei ähnlichen Immobilien in der Wiener Innenstadt, wo er Vergleichswerte für sein Gutachten herangezogen habe, gebe es auch keine Garagen im Haus, meinte Popp.
Auch die technischen Anlagen der Telekom Austria, die im Objekt verbleiben mussten, seien zu wenig als wertmindernd berücksichtigt worden, argumentierten die Verteidiger. Handy-Masten am Dach und andere technische Telekom-Einrichtungen habe er nicht als wertmindernd einberechnet, räumte Popp ein. Allerdings könne man heute Dachgeschoßwohnungen immer gut verkaufen, auch mit Handy-Masten.
(APA)