NSA: Obama verteidigt Geheimdienstarbeit

NSA: Obama verteidigt Geheimdienstarbeit
NSA: Obama verteidigt Geheimdienstarbeit EPA (SHAWN THEW)
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Der US-Präsident verteidigt die Geheimdienstarbeit, verspricht ausländischen Bürgern und verbündeten Regierungschefs aber mehr Privatsphäre.

US-Präsident Barack Obama hat Einschränkungen für seine weltweit kritisierten Geheimdienste angeordnet. So müsse die NSA künftig bei einem speziellen Gericht anfragen, wenn sie zuvor gesammelte Telefon-Metadaten einsehen wolle. Zudem sollten Staats- und Regierungschefs befreundeter Länder nicht überwacht werden, sagte Obama in einer mit Spannung erwarteten Rede am Freitag in Washington.

Grundsätzlich betonte Obama aber, die Spähprogramme seien unerlässlich im Anti-Terror-Kampf und dürften nicht aufgegeben werden. Sie hätten Anschläge und Tote auch im Ausland verhindert. Wörtlich sagte Obama: "Wir können unsere Geheimdienste nicht einseitig entwaffnen."

Zudem solle die NSA die gesammelten Meta-Daten - darunter die Rufnummern und die Dauer der Telefongespräche - künftig nicht mehr selbst speichern. Er gibt der Geheimdienstgemeinschaft bis Ende März Zeit, um Vorschläge für alternative Speicherorte zu machen.

Schutz von Ausländern

Obama will zudem das Ausspähen von Ausländern einschränken. Es solle künftig keine wahllose Überwachung mehr geben, die für weltweite Empörung gesorgt hatte. Die Dienste sollten Ausländer nur im Zuge des Anti-Terror-Kampfes überwachen oder wenn die nationale Sicherheit gefährdet sei. Der Schutz von Ausländern solle dem von Amerikanern angepasst werden.

Seit Juni sind durch die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht gekommen. So überwachte die NSA nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von unbescholtenen Bürgern rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab. Snowden hält sich derzeit in Russland auf, das ihm befristet Asyl gewährt hat.

Obama bedauerte in seiner Rede die "reißerische" Veröffentlichung der Geheimdienstdokumente. Das Offenlegen von Spionagemethoden "könnte unsere Operationen auf eine Weise beeinträchtigen, die wir womöglich über Jahre nicht voll erkennen werden", sagte der Präsident. Angesichts des laufenden Strafverfahrens wolle er sich nicht im Detail "zum Handeln und zu den Motiven von Herrn Snowden" äußern. Die "Verteidigung unserer Nation" hänge aber von der "Treue" derjenigen ab, denen Landesgeheimnisse anvertraut worden seien.

NSA-Korrekturen

- Die Überwachung AUSLÄNDISCHER STAATS- UND REGIERUNGSCHEFS soll nur noch in Fällen erlaubt sein, in denen dies aus Gründen der nationalen Sicherheit der USA zwingend erforderlich ist. Dies soll allerdings nur für "enge Freunde und Verbündete" gelten. Welche Staaten für die USA dazu gehören, blieb am Freitag unklar.

- TELEFONDATEN sollen weiterhin gesammelt, aber nicht mehr vom Staat gespeichert werden. Führende Mitarbeiter der Geheimdienste und der US-Justizminister Eric Holder sollen bis 28. März Alternativen für die Daten-Speicherung an anderer Stelle ausarbeiten. Die Daten allein bei Telefongesellschaften zu speichern, bezeichnete Obama aber als schwierige Aufgabe.

- Die Überwachung soll ENGER AUF DIE VERDÄCHTIGEN gerichtet werden: Künftig sollen nur noch Menschen abgehört werden dürfen, die selbst mit einem Verdächtigen Kontakt hatten, nicht aber diejenigen, die mit der Kontaktperson telefonierten.

- AUSLÄNDER sollen beim Schutz ihrer Privatsphäre künftig teilweise mit US-Bürgern gleichgestellt werden. Im Detail geht es darum, wie lange persönliche Daten gespeichert werden und wie diese Informationen verwendet werden dürfen.

- Mit einer JÄHRLICHEN ÜBERPRÜFUNG der Geheimdienst-Prioritäten will das Weiße Haus sicherstellen, dass die Sicherheit der USA und die wirtschaftlichen Beziehungen mit Handelspartnern sowie die Privatsphäre und grundlegende Freiheiten in Balance gebracht werden.

- Das GEHEIMGERICHT, das die Zustimmung zu NSA-Aktivitäten alle 90 Tage routinemäßig erneuert, soll transparenter werden. Ein vom Kongress eingesetztes unabhängiges Gremium soll sich vor diesem Gericht bei bedeutenden Fällen einschalten.

- NATIONALE SICHERHEITSBRIEFE sollen künftig nur noch geheim bleiben, wenn die US-Behörden nachweisen können, dass diese unter Verschluss bleiben müssen. Mit diesen Briefen fordert die Bundespolizei FBI bei Unternehmen Kundeninformationen an. Können sie den Nachweis nicht erbringen, sollen die Briefe öffentlich werden.

- Auch PERSONALÄNDERUNGEN sollen helfen, die angekündigten Korrekturen durchzusetzen, besonders durch einen neu zu ernennenden Sonderbeauftragten des Weißen Hauses. Ein weiterer Beauftragter beim US-Außenministerium soll diplomatische Beziehungen pflegen, die von der US-Geheimdienstarbeit betroffen sind. Obamas Berater John Podesta soll mit großen Unternehmen Regeln für die Sammlung großer Datenmengen ausarbeiten.

Deutschland begrüßt Ankündigungen

Die deutsche Regierung hat die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama begrüßt, das Ausspähen von Ausländern durch US-Geheimdienste stärker zu beschränken. Wikileaks-Gründer Julian Assange warf dagegen dem US-Präsidenten vor, die Tatsachen zu verdrehen.

"Mit Recht sind viele Menschen in Deutschland aufgrund der Berichterstattung über die Aktivitäten der NSA um die Sicherheit ihrer privaten Daten besorgt. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Bundesregierung grundsätzlich, dass Datenschutz und Persönlichkeitsrechte auch von Nicht-US-Bürgern künftig stärker geachtet werden sollen", erklärte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag. Für die Bundesregierung gelte nach wie vor, "dass auf deutschem Boden deutsches Recht zu respektieren ist, auch und gerade von unseren engen Partnern und Verbündeten".

Für die Bundesregierung sei "die Zusammenarbeit mit Nachrichtendiensten verbündeter Staaten im gemeinsamen Interesse", erklärte Seibert. "Dabei müssen der Datenschutz und die Rechte deutscher Bürger gewahrt werden."

Assange findet Obama peinlich

"Wir haben in Obamas Rede eine Menge Lügen gehört", reagierte Assange im CNN-Interview auf Obamas Rede. "Ich finde es peinlich für einen Staatschef, 40 Minuten so weiterzumachen und fast nichts zu sagen." Es gebe nach der Rede keine Beschränkung geheimer Gesetze rund um die Spionageprogramme und auch keinen wirksamen Schutz der Daten von US-Technologiekonzernen, so Assange. Sicher könne Obama sagen, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder den britischen Premierminister David Cameron nicht zu überwachen. "Aber sie überwachen alle anderen, mit denen sie sprechen."

Der Computerspezialist Edward Snowden, der sich in Russland aufhält, wolle sich Anfang kommender Woche zu Obamas Rede äußern, sagte Assange, der sich selbst seit anderthalb Jahren in der Botschaft von Ecuador in London aufhält.

(APA/AFP/dpa)

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