Bezirksrat in der Dienstzeit: Hitzige Debatte

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Ein von der „Presse" aufgezeigter Fall im Bezirk Simmering erhitzt die Gemüter. Die SPÖ sieht keinen Skandal. Opposition und Koalitionspartner äußern jedoch Kritik.

Wien. Soll ein Unternehmen, das im Eigentum der Stadt Wien steht, Mitarbeiter im erheblichen Ausmaß und bei vollen Bezügen für ihre Tätigkeit als SPÖ-Bezirkspolitiker freistellen? Über einen eben solchen, von der „Presse" aufgezeigten Fall im Bezirk Simmering, erhitzten sich am Freitag die Gemüter.

Insbesondere jenes des SPÖ-Klubvorsitzenden Rudolf Schicker. Er bezeichnete die Veröffentlichung als „eine Diffamierung politischer Arbeit und des Einsatzes für die Allgemeinheit". Wie berichtet, darf der Simmeringer SPÖ-Bezirksrat Heinz Herndlhofer 40 Prozent seiner Arbeitszeit bei der Wiener Netze GmbH (sie betreibt Strom- und Gasnetz) für seine politische Tätigkeit verwenden. Bei vollem Gehalt, und bis in den vergangenen Spätsommer hinein mit einem Dienstwagen.
Der Grund für Schickers Zorn: Das Dienstrecht erlaubt das auch Mitgliedern anderer Parteien, die entweder Beamte oder Vertragsbedienstete sind. Folglich sei die Angelegenheit kein Skandal der SPÖ.

Grüne wollen verhandeln

Wirklich überzeugen konnte Schicker mit dieser Argumentation auch nicht den Koalitionspartner. „Wenn ein Bezirksrat 40 Prozent der Arbeitszeit politisch verwenden darf, dann werde ich mit unserem Koalitionspartner eine Lösung suchen, die in der Allgemeinheit auf breitere Zustimmung stößt", sagt David Ellensohn, Klubobmann der Grünen. Er ist der Ansicht, dass die Sonderrechte für Beamte und Vertragsbedienstete im Sinne der Förderung der Demokratie zwar vertretbar sind. Allerdings: Größenordnung der Freistellung und die fortlaufende Bezahlung müsse man kritisch sehen. „Dass ein Bezirksrat, der Gemeindebediensteter ist, einen Rechtsanspruch darauf hat, frei zu bekommen, ist gut. Wenn er das aber in der Dienst-, und nicht in der Freizeit macht, ist es zu hinterfragen."

Die Kommentare der Opposition fielen noch deutlicher aus. FPÖ-Mandatar Dietbert Kowarik führt den Fall auf „Machtgehabe und das sozialistische Verständnis von Einheit der Partei mit der Stadt" zurück. Alfred Hoch, Geschäftsführer der Wiener ÖVP, forderte das sofortige Ende der Praxis. „Es kann nicht sein, dass die Kunden von Wiener Netze die Arbeit von SPÖ-Bezirksräten mitfinanzieren."

(awe)

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Kommentare

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