ADAC: Betrug bei der Leserwahl zum Lieblingsauto

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Der Deutsche Autofahrerklub schummelte bei der Leserwahl zum Lieblingsauto der Deutschen. Die ADAC-Spitze hat angeblich eine Prüfung der Preisvergabe für die vergangenen Jahre angeordnet.

München. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC), ein Pendant zum ÖAMTC, wird von einem Skandal erschüttert: Nach Berichten der „Bild am Sonntag“ wurde die Leserwahl zum Lieblingsauto der Deutschen manipuliert. Im Zentrum der Vorwürfe steht der bisherige ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter; er räumte am Sonntag Fehler ein und legte seine Funktionen nieder, darunter auch die des Chefredakteurs der ADAC-Zeitung „Motorwelt“.

Wie „Bild am Sonntag“ berichtete, gab es bei der aktuellen Verleihung der ADAC-Autopreise gravierende Schummeleien. Ramstetter habe bei Gesprächen mit der ADAC-Führung bereits am Freitag eingeräumt, gefälschte Stimmenzahlen veröffentlicht zu haben. Diesen zufolge war der VW Golf – wieder einmal – zum Lieblingsauto der Deutschen gekürt worden.

Kein Auswirkungen auf ÖAMTC

Als "ärgerliche Malversation" hat ÖAMTC-Verbandsdirektor Oliver Schmerold die aufgedeckten Manipulationen. Der "Einzelfall" werde jedoch keine Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zum Schwesterclub ADAC haben. Der ÖAMTC vergibt 2014 zum zweiten Mal den Autopreis "Marcus", dem ein transparentes Wahlverfahren zugrunde liegt.

Der ADAC gab am Sonntagnachmittag inzwischen bekannt, dass Ramstetter nur die absolute Zahl der abgegebenen Stimmen geschönt habe; die Rangfolge der Fahrzeuge sei dadurch aber nicht verändert worden. Zur Dimension der Manipulation machte der ADAC keine Angaben, weder Geschäftsführung noch Präsidium des ADAC seien über Unregelmäßigkeiten unterrichtet gewesen.

Deutschen Medien zufolge hätten angeblich bei der Wahl mehr als 34.000 Personen für den VW Golf gestimmt. Tatsächlich seien es aber wohl nur rund 3400 gewesen.

VW verschnupft

Der Volkswagen-Konzern gab sich verschnupft: Man erwarte „volle Aufklärung“, sagte ein Sprecher. Erst dann werde über das weitere Vorgehen entschieden. Und: „Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass der Golf tatsächlich das Lieblingsauto der Deutschen ist.“

Die ADAC-Spitze hat angeblich eine Prüfung der Preisvergabe für die vergangenen Jahre angeordnet. Heuer solle der Preis in einem notariell kontrollierten Prozess vergeben werden. Dem ADAC, mit rund 19 Millionen Mitgliedern größter Autoklub Europas, droht jedenfalls eine Vertrauenskrise: Zumal im Raum steht, dass auch ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair seinen Hut nehmen könnte.

Die neue Vorsitzende des Verbraucherschutz-Ausschusses, Renate Künast, verlangte vom ADAC eine Organisationsreform zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit. "Der ADAC hat Millionen Autofahrer hinter die Fichte geführt", sagte die Grünen-Politikerin am Montag. Da der ADAC sich als unabhängig und gemeinnützig darstelle, habe er einen enormen Einfluss auf Kauf- und Mietverhalten. Seit langem wird dem ADAC von Kritikern mangelnde Transparenz vorgeworfen. (DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)

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