Minister Klug: "Sind nicht bei "Wünsch Dir was""

Die Presse
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Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) kann wegen des Sparpakets die Hubschrauberflotte nicht aufstocken. Ob zusätzliche Soldaten in den Kosovo geschickt werden, wird gerade geprüft.

Die Presse: Das Bundesheer soll 63 Millionen Euro einsparen. Wo bleibt der Aufschrei des Ministers?

Gerald Klug: Diese Summe basiert auf einem politisch nicht akkordierten Entwurf aus dem Finanzministerium. Jetzt sind die Beträge geklärt. Das Ministerium wird rund 45 Millionen Euro bei den Ermessensausgaben einsparen müssen.

Wie viel entfällt davon auf das Bundesheer und wie viel auf den Sport?

Wir haben rund zwei Milliarden Euro Gesamtbudget, davon 140 Millionen für den Sport. In diesem Verhältnis muss auch der Sport seinen Beitrag leisten.

Die Einsparungen beim Bundesheer sind akzeptabel?

Ich hätte mir mehr Geld gewünscht, aber wir sind ja nicht bei „Wünsch Dir was“. Es war klar, dass alle Mitglieder der Bundesregierung einen Beitrag leisten müssen, um den Budgetpfad zu erreichen.

Wissen Sie schon, wo Sie sparen?

Ich verstehe, dass die Neugierde groß ist. Ich habe den Generalstab beauftragt, auf Basis dieser Zahlen intern Planungen durchzuführen, wo Einsparungen möglich sind. Ohne Tabus, aber mit zwei ganz klaren Vorgaben: Ich will die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres im Inland wie bei den Auslandseinsätzen außer Streit gestellt haben. Und auch, dass die Wehrdienstreform in dem geplanten Paket vollinhaltlich umgesetzt wird.

Wie sieht der zeitliche Horizont aus?

Im Februar sollten die Eckpunkte stehen.

Viele Möglichkeiten zum Sparen haben Sie ja nicht. Sie haben 70 Prozent Personalkosten, da lässt sich zumindest kurzfristig wenig machen. Bleiben die Investitionen und der laufende Betrieb.

Mit den Personalkosten haben Sie recht. Das ist eine Herausforderung, die mir bewusst ist. Wir werden uns auch bemühen, das Beschaffungsprogramm im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten aufrechtzuerhalten. Aber ohne jetzt einzelne Maßnahmen schon vorwegzunehmen: Zur Stunde muss ich wohl damit rechnen, dass zum Beispiel die Überlegungen vom vergangenen Jahr, unsere Hubschrauberflotte im Bereich Black Hawk aufzurüsten und zu ergänzen, unter diesen Bedingungen nicht möglich sein wird.

Was genau heißt sparen ohne Tabus? Kann man die Luftraumüberwachung an andere Länder auslagern? Kann man weitere Kasernen verkaufen?

Ohne Tabus heißt: Grundsätzlich ist Nachdenken in alle Richtungen notwendig. Daher sind Überlegungen von Kasernenstandorten mit einzubeziehen. Bei der Luftraumüberwachung haben wir auf der einen Seite die Herausforderung, dass es für einen souveränen neutralen Staat wichtig ist, auch den Luftraum zu sichern, auf der anderen Seite geht es auf europäischer Ebene auch darum, die Zusammenarbeit zu intensivieren und Kooperationen auszubauen. Das wird aber noch Zeit brauchen. Bei der Luftraumüberwachung bin ich skeptisch, ob wir wesentliche Schritte in dieser Legislaturperiode schon schaffen.

Wesentlicher Kostenfaktor sind die Auslandseinsätze. Bundeskanzler Werner Faymann hat gemeint, 800 Soldaten seien ein gutes Niveau. Sie und Außenminister Sebastian Kurz wollen aufstocken. Was kommt jetzt wirklich?

800 Soldaten sind aufgrund der Größe Österreichs ein hohes Niveau. Mir persönlich ist wichtig, dass wir das hohe Niveau halten, weil ich überzeugt bin, dass es für einen Staat nicht reicht, seine Grenzen zu sichern, um innerstaatliche Sicherheit zu erreichen. Wir müssen auch Europa verteidigen, und das können wir nur, wenn wir in Krisenherden für Stabilität und Frieden sorgen.

Frei interpretiert heißt das, wir werden bald österreichische Soldaten in Zentralafrika haben.

Die Hotspots sind für uns zweifelsohne der Balkan und der Nahe Osten. Auf Zeit wird es auch die Region Afrika sein.

Die Nato hat auch schon angefragt, ob Österreich französische Truppen im Kosovo ersetzt.

Das wird derzeit im Generalstab geprüft.

Man kann es sich theoretisch leisten?

Wenn Sie einzelne Wortmeldungen ansprechen, in denen man sich Gedanken macht, ob und wie der Dienstbetrieb des Bundesheeres aufgestellt ist – Auslandseinsätze sind ein fixer Bestandteil unseres Aufgabenspektrums.

Kommen wir zur Wehrpflicht. Vor der Volksbefragung hörte man noch von allen Seiten, wie wichtig das Heer für Österreich ist. Jetzt scheint sich keiner mehr dafür zu interessieren. Fühlen Sie sich im Stich gelassen?

Ich habe im März 2013 die Verantwortung für das Heer übernommen. Ich nehme den Auftrag der Bevölkerung sehr ernst und arbeite jetzt an der Umsetzung der Wehrpflichtreform. Ob im Stich gelassen oder nicht – die Frage stellt sich bei mir nicht.

Was ist die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung der Reform?

Schwierigkeiten oder Irritation hat es gelegentlich beim Kaderpersonal gegeben.

Warum?

Es sind neue Herausforderungen hinzukommen: neue Ausbildungsstrukturen, intensivere Arbeitszeiten, eine stärkere Beanspruchung. Das Personal schultert einen Großteil der Reform. Dafür möchte ich mich auch ausdrücklich bedanken.

Besonders viele Grundwehrdiener nutzen das neue Schießmodul. Daher sollen vermehrt Übungen stattfinden. Ist das budgetär möglich? Munition und Überstunden des Kaderpersonals kosten schließlich Geld.

Es ist Teil des neuen Grundwehrdienstes. Daher ist klar, dass es umgesetzt wird.

Auch die Systemerhalter, also die Grundwehrdiener, die nicht militärisch ausgebildet werden, sollen drastisch reduziert werden. Wie ist hier der Stand?

Bei den Betreuungsgehilfen haben wir 14Prozent reduziert. Bis zum Jahr 2014 sollen es 30 Prozent weniger sein.

Haben Sie Ihren Vorgänger, Norbert Darabos, eigentlich schon gefragt, was er zur Reform des Wehrdienstes sagt?

Ganz offen gesagt: Nein, das habe ich nicht. Ich habe zwar mit unserem Bundesgeschäftsführer einen regelmäßigen, guten Kontakt. Aber seine Einschätzung habe ich hier nicht abgefragt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)

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