Spionage, auch digitale, sei wichtig und nützlich, man wolle da nicht viel zurücknehmen, sagte der US-Präsident im ZDF-Interview.
Wien/Berlin. US-Präsident Barack Obama macht trotz Kritik auch aus Deutschland keine gröberen Abstriche an den digitalen Spähaktionen seiner Geheimdienste im Ausland: „Ich habe sehr viel Verständnis und Sympathie für das deutsche Volk und seine Sorgen“, sagte er am Wochenende in einem ZDF-Interview. Mit ihren größeren nachrichtendienstlichen Fähigkeiten sorgten die USA aber auch für die Sicherheit anderer Länder.
In einer mit Spannung erwarteten Grundsatzrede hatte Obama am Freitag umrissen, wie er den Schutz der Privatsphäre aller Menschen und die Sicherheitsbedürfnisse der USA und ihrer Partner in Einklang bringen wolle. Der US-Geheimdienst NSA war nach Enthüllungen seiner Ausspähprogramme durch den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden im Vorjahr massiv in die Kritik geraten.
„Wir hören nicht jeden ab“
„Ich habe sehr detailliert deutlich gemacht, dass wir nicht Telefonate abhören oder E-Mails lesen, wenn es nicht um Sicherheitsfragen geht, Fragen der nationalen Sicherheit“, sagte Obama dem ZDF. Auch habe er Grenzen gezogen für die Erfassung von Daten der Freunde und Bündnispartner und deren Staats- und Regierungschefs. Andererseits müssten auch die Fähigkeiten der Dienste aufrechterhalten werden, die der Sicherheit der Freunde und Alliierten der USA dienten. „Wir hören nicht jeden ab“, sagte er. Das Thema sei „sensationell aufgebauscht“, es werde daher dauern, das Vertrauen wiederherzustellen.
Obama sagte, in Deutschland seien auch historische Gegebenheiten im Hinblick auf Ostdeutschland zu berücksichtigen: „Da sehen wir, was passiert, wenn so ein großer Überwachungsapparat aus dem Ruder läuft.“ Viele Länder in Europa seien aber sehr glücklich, dass die USA über ihre größeren nachrichtendienstlichen Möglichkeiten verfügten.
Merkel solle sich nicht sorgen
Zu dem angeblichen Lauschangriff der NSA auf ein Handy der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sagte Obama, mit der Bundeskanzlerin sei er in außenpolitischen Fragen nicht immer einer Meinung: „Das ist aber kein Grund abzuhören.“ Er habe „eine Beziehung von Freundschaft und Vertrauen“ zu Merkel aufgebaut. „Ich muss und darf diese Beziehung nicht durch solche Überwachungsmechanismen beschädigen.“ Solange er Präsident sei, werde sich die Kanzlerin keine Sorgen machen müssen, versicherte er.
Obamas zurückhaltende Konsequenzen für die weltumspannende Datenspionage der National Security Agency (NSA) haben international geteiltes Echo ausgelöst. Auch im Außenministerium in Wien vertritt man „bei aller Wertschätzung für Obamas Ankündigungen“ den Standpunkt, dass in dieser Frage „seitens der USA noch weitere Anstrengungen nötig sein werden“. (APA/Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)