Der Kampf um das Heeresbudget

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Ein Jahr nach der Volksbefragung stellt sich für das Militär die nächste entscheidende Frage: Wo sollen 45 Millionen Euro eingespart werden? "Die Presse" sucht nach Antworten.

Wien. Vor einem Jahr entschieden sich die Österreicher für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Seitdem hat es einen Wechsel an der Spitze des Verteidigungsressorts, eine Reform der Wehrpflicht gegeben – und seit vergangener Woche besteht wieder einmal extremer Sparbedarf. Verteidigungsminister Gerald Klug hat angesichts der Budgetkürzung um 45 Mio. Euro „Sparen ohne Tabus“ angekündigt. Dafür gäbe es etliche – mehr oder weniger sinnvolle – Möglichkeiten, wenn er das tatsächlich ernst meint. Hier eine Übersicht:
Eine Maßnahme ist wohl am naheliegendsten: Was man nicht braucht, das wird verkauft. Bei einigen Kasernen hat man dies bereits gemacht. Doch eigentlich könnte man weitaus mehr Liegenschaften auf dem Markt anbieten. Das würde nicht nur Geld bringen, sondern auch noch Betriebskosten sparen. Das Problem: Die Länder wehren sich dagegen. Noch hat sich kein Minister gegen den Willen der Landesorganisationen durchgesetzt. Außerdem ist auch Personal an die Kasernen gebunden. Eine Möglichkeit wäre es, ganze Brigaden (also die kleinsten militärischen Großverbände) aufzulassen. Und: auf Investitionen, so weit es geht, zu verzichten.
Eine Sache kommt das Heer besonders teuer: die Luftraumüberwachung. 214 Millionen Euro muss das Verteidigungsministerium in diesem Jahr für die Eurofighter bezahlen. Das ist zwar die letzte Rate. Doch damit nicht genug: Die Piloten müssen auch üben und fliegen. Eine Flugstunde kostet zwischen 50.000 und 70.000 Euro, und jährlich fallen schon einmal an die 1200 Flugstunden an.

Theoretisch könnte man diese reduzieren. Allerdings gibt es jetzt schon wenige Übungsstunden. Irgendwann wäre die Einsatzbereitschaft nicht mehr sichergestellt, weil die Piloten mit den Fliegern nicht mehr umgehen könnten. Was also tun? Zum einen könnte man die Eurofighter gänzlich stilllegen. Der Milliardendeal wäre dann zwar umsonst abgewickelt worden. Allerdings würden dann keine teuren Betriebskosten anfallen. Die Luftraumüberwachung müsste mit den Düsenfliegern Saab 105 sichergestellt werden. Der Vorteil: Flugstunden wären billiger. Der Nachteil: Die Maschinen sind jetzt schon veraltet und müssen bald ersetzt werden. Möglich wäre auch, die Überwachung von Nachbarstaaten durchführen zu lassen. Die billigste Lösung wäre, den Eurofighter-Vertrag rückgängig zu machen. Das geht aber nur, wenn Korruption bei der Vertragsschließung nachweisbar ist. Das wird gerade geprüft.
70 Prozent des Budgets gehen für Personalkosten auf, für den laufenden Betrieb und für Investitionen bleibt schon jetzt wenig. In den kommenden Jahren wird der Anteil noch steigen. Der Verteidigungsminister muss daher – unabhängig von den aktuellen Sparvorgaben – beim Personal den Sparstift ansetzen. Unbestritten ist: Es braucht weniger und jüngere Kräfte. Dafür müsste das derzeitige Kaderpersonal abgebaut werden, was bei pragmatisierten Beamten schwer, aber nicht gänzlich unmöglich ist. Anreize, in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes zu wechseln, sind ebenso möglich wie Golden Handshakes für Mitarbeiter, die in die Privatwirtschaft gehen wollen und können. Tunlichst vermeiden sollte man dagegen Frühpensionierungen: Das würde die Kosten nur vom Verteidigungs- ins Sozialressort verschieben.


Das Bundesheer ist nach den „Prinzipien des Milizsystems“ aufzustellen, heißt es in der Verfassung. In der Realität ist die Miliz aber seit Abschaffung der Übungen bedeutungslos geworden. Dabei ist beim Militär nichts billiger als ein Milizsoldat, der nur für Übungen und Einsätze bezahlt werden muss. Nimmt man die Verfassung ernst, ließe sich viel einsparen – vorausgesetzt, Kadersoldaten würden abgebaut (siehe oben). Nur zum Vergleich: Österreich hat 16.000 Berufssoldaten, die Schweiz dagegen nur 2500 – bei einer Stärke der Armee von 100.000 Mann. Notwendig wäre freilich eine Wiedereinführung der verpflichtenden Milizübungen, dafür könnte man die Grundausbildung von derzeit sechs auf vier Monate verkürzen.
Rund drei Prozent des Militärbudgets werden für Auslandseinsätze ausgegeben. 55.000 Euro kostet dabei ein Soldat im Auslandsdienst durchschnittlich im Jahr. Ob die Mission dabei von der UNO, Nato oder Europäischen Union organisiert wird, ist für die Kosten nicht wirklich von Relevanz. Der einzige Weg zu sparen ist in diesem Bereich folgender: Weniger Soldaten werden in Krisengebiete geschickt. Die Regierung könnte den derzeitigen Stand von rund 800 Soldaten beibehalten oder noch reduzieren. Und auf die im Regierungsprogramm vorgesehenen 1100 Männer und Frauen im Ausland verzichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)

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