Akademikerball: Wiener City wird Sperrzone

AKADEMIKERBALL, FPÖ, Wien
AKADEMIKERBALL, FPÖ, Wien(c) APA/HERBERT P. OCZERET
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Die Polizei warnt vor gewalttätigen Demonstranten aus Deutschland, sperrt die Innenstadt großräumig ab und verbietet am Freitagabend das Tragen von Schals und Hauben.

Wien. Der Freitagabend in Wien dürfte ziemlich frostig werden. Zumindest, wenn der Wetterbericht stimmt – und man der jüngsten Verordnung der Polizei genau folgt: Die untersagt es nämlich in den Bezirken eins bis neun von Freitag 16.30 bis Samstag drei Uhr Früh, das Gesicht zu verhüllen oder Utensilien, die man dafür nutzen könnte, mitzuführen. Zum Beispiel eben: Schals.

Das Vermummungsverbot anlässlich des Akademikerballs in der Hofburg hat Mittwochfrüh bereits erste Demonstranten auf die Straße gebracht – vor der Polizeidirektion am Schottenring. Auf Transparenten warnen sie – mit Augenzwinkern – vor einer Grippeepidemie wegen des Schalverbots, konkret vor 406.946 „Schnupfennasen“ – so viele Menschen leben in den betroffenen Bezirken. Die Polizei wiederum wehrt ab: Das Verbot gelte nicht für Leute, „denen nur kalt“ ist. Es gehe nur darum, „gewaltbereite Personen“ kontrollieren zu können. Sein Gesicht auf Demonstrationen zu verdecken ist allerdings laut Versammlungsgesetz ohnehin verboten. Das Vermummungsverbot ermöglicht zusätzlich Personen- und Taschenkontrollen – auch ohne konkreten Anlass, was zu Kritik unter den Demonstranten führte.

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Deutsche „aus anderem Holz“

Das umfassende Vermummungs- und Platzverbot für erhebliche Teile der Innenstadt zeigt auch: Die Polizei ist hoch nervös. Sie erwartet, dass es zu Ausschreitungen kommen wird: „Wir wissen von Personen innerhalb der Demonstrationszüge, die nicht bereit sind, ausschließlich friedlich gegen den Akademikerball zu demonstrieren“, sagt Erich Zwettler, der Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

In den vergangenen Tagen seien schon Aktionen, zum Beispiel Sachbeschädigung bei Burschenschafter-Buden in der Josefstadt, registriert worden. Und die Polizei fürchtet vor allem Demonstranten aus Deutschland, denn die seien „aus einem ganz anderen Holz“ als die größtenteils friedlichen heimischen Ballgegner, so Zwettler. Die Polizei wisse von zumindest sieben Bussen aus Deutschland. Einige dieser dürften schon ausgebucht sein, das geht aus Mobilisierungsplattformen der deutschen Szene hervor. So kommen Gruppen aus München, Hannover oder Berlin. Auch in Hamburg, zuletzt Schauplatz größerer Ausschreitungen, sind die Demos in Wien plakatiert.

Angemeldet wurden jedenfalls drei Demonstrationszüge: Zwei davon sammeln sich um 16.45 im Sigmund-Freud-Park bei der Universität und starten um 17.30 Richtung Stephansplatz bzw. Richtung Marcus-Omofuma-Denkmal beim Museumsquartier. Die dritte Demo startet laut Plan um 17 Uhr in Wien-Mitte und endet offiziell um 20 Uhr am Stephansplatz. Die Veranstalter rechnen laut Polizei mit je 1000 bis 1500 Teilnehmern, wobei jener Zug, der bei der Uni startet, wohl ruhiger verlaufen dürfte, erwartet Zwettler.

Jenem von Wien-Mitte aus dürften sich wohl die erwarteten deutschen Demo-Touristen anschließen. 2000 Polizisten werden den Demonstranten gegenüberstehen, darunter auch Beamte aus den Bundesländern, die zur Unterstützung angefordert wurden. Die werden auch das umstrittene Vermummungsverbot kontrollieren. Neben diesem regt auch das Platzverbot die Demonstranten auf: Es verhindert schließlich auch die Protestveranstaltung der Plattform „Jetzt Zeichen setzen“ auf dem Heldenplatz.

Kritik an „Eskalationsstrategie“

Organisationen von SOS Mitmensch bis ÖH hatten dort Lesungen, Vorträge und Konzerte geplant. Diese mussten abgesagt werden. Die von der Polizei gebotene Alternative, man könne sich den Maria-Theresien-Platz mit der FPÖ, die dort eine Veranstaltung angemeldet habe, teilen, nennt Niki Kunrath von „Jetzt Zeichen setzen“ eine „Provokation“, die Polizei betätige sich als „Erfüllungsgehilfe“ der Veranstalter, die eine Sperre von weiten Teilen der Stadt gefordert hatten.

Schließlich dürften die Ballgäste ja über den gesperrten Ring zur Hofburg zufahren. Die Wiener Grünen kritisieren: Die Polizei habe sich in eine „Eskalationsstrategie“ treiben lassen.

AUF EINEN BLICK

Der Ball am Freitagabend und die Demonstrationen dagegen haben die Polizei heuer zu weit umfassenderen Maßnahmen als in früheren Jahren veranlasst: Für die Bezirke eins bis neun gilt Freitagabend und -nacht ein Vermummungsverbot, die Stadt wird um die Hofburg großräumig abgesperrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2014)

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